Gespräche mit deutschen Journalisten gestalten sich seit nunmehr fast zwei Jahrzehnten extrem schwierig. Entweder verläuft das Gespräch vernünftig, sachlich und inhaltsreich, dann wird es nicht veröffentlicht [1], oder aber der Journalist kommt nicht mit Fragen, sondern mit einer westlich-imperialistischen Propaganda im Rucksack, die er in ein Interview verstecken möchte, um gleichzeitig den Gegner eines westlichen Verbrecherkapitalismus mundtot zu machen. In jenem Fall wehre ich mich aus verständlichen Gründen.
Die Folge ist, dass bei sehr entscheidenden Themen stets eine Wolke der Unklarheit dazu missbraucht wird, mit dem Vorwurf des Antisemitismus jeden mundtot zu machen, der Israels Verbrechen offenlegt. Da dieses Phänomen nicht nur meine Wenigkeit betrifft, sondern Dutzende andere Personen, erlaube ich mir, mich selbst zu interviewen in der Hoffnung, dass mein Verhalten als Antwortender für andere Leser hilfreich sein kann. Für bessere Antworten bin ich dankbar! Ich erlaube mir den Fragenden „Presstituierter“ zu nennen, da mir für die Angestellten der Mainstream-Medien beim Thema Israel kein geeigneterer Begriff einfällt.
Presstituierter: Herr Özoguz, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung Felix Klein hat mehrfach festgestellt, dass die Ablehnung des Existenzrecht Israels Antisemitismus ist. Sie lehnen das Existenzrecht Israels ab, bekennen Sie sich zu Ihrem Antisemitismus?
Özoguz: Herr Presstituierter, wollen Sie mir eine Frage stellen oder Ihre eigene Propaganda in Form einer Frage kaschiert verbreiten? Wenn Sie schon die Ansicht des Herrn Klein als Argument bringen, dann könnten Sie doch auch die Ansicht von Prof. Wolfgang Benz, dem ehemaligen Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung zu Rate ziehen, der in einem Interview gesagt hat: „Man muss eine Feindschaft gegen den Staat Israel, gegen die Existenz des Staates Israel, und eine Feindschaft gegen Juden unterscheiden…“ [2]. Zweifelsohne hat Prof. Benz die höhere wissenschaftliche Reputation, warum berücksichtigen Sie nicht diese Stimme bei Ihrer Frage?
Presstituierter: Sind Sie nun Antisemit oder nicht?
Özoguz: Das Judentum ist eine mehrere Tausend Jahre alte Religion, die monotheistisch ist und den Stammvater der Religionen Abraham ehrt. Niemals habe ich mich in irgendeiner Weise respektlos gegenüber dem Judentum oder Anhängern dieser Religion verhalten und werde es – so Gott will – auch in Zukunft niemals tun. Die Ringparabel von Lessing ist sehr hilfreich.
Presstituierter: Aber Sie lehnen doch das Existenzrecht Israels ab!?
Özoguz: Merken Sie eigentlich nicht, dass Sie der Antisemit in unserem Gespräch sind? Sie vereinnahmen das Judentum für Vertreibung, Enteignung, Massenmorde und alles, was der Staat Israel seit seiner Gründung praktiziert hat. Ist es nicht antisemitisch, die Verbrechen des Staates Israel dem Judentum anzulasten?
Presstituierter: Ich bin es, der hier die Fragen stellt! Weichen Sie doch nicht ab! Sie wollen Israel auslöschen!
Özoguz: Wie soll ich das den Ihrer Ansicht nach machen? Ich lehne die Existenz eines Apartheidsstaates ab, unabhängig davon, ob er Israel, Südafrika oder sonstwie heißt. Als ich damals gegen Südafrika war, gab es auch Journalisten wie Sie, aber es waren nicht so viele.
Presstituierter: Aber man kann doch Israel nicht mit Südafrika vergleichen!
Özoguz: Ich denke, sie stellen Fragen. In Wirklichkeit wollen Sie nur Ihre zionistische Propaganda in dem Mantel eines Interviews verkleiden. Warum sollte man die Apartheid in Israel nicht beim Namen nennen dürfen? Israel definiert sich per Gesetz als „Nationalstaat für jüdische Menschen“, nicht für die Staatsbürger Israels. Das bedeutet, dass alle Nichtjuden, die in Palästina leben und deren Vorfahren in Palästina gelebt haben, noch bevor es Israel gab, nunmehr Bürger zweiter oder dritter Klasse sind. Worin liegt der Unterschied zur Apartheid?
Presstituierter: Aber Sie dürfen doch nicht die absolut kritikwürdige Politik eines Netanjahu nicht mit dem ganzen Staat gleichsetzen…
Özoguz: Diese Behauptung ist eine der geschickten Vertuschungsaktionen Ihrer Berufssparte. Netanjahu ist doch der vom Volk gewählte Vertreter, oder nicht? Und haben frühere Ministerpräsidenten sich mehr für Frieden eingesetzt. Hat der Schlächter von Sabra und Schatilla, als er an der Macht war, und den Felsendom überfallen hat, weniger Apartheid praktiziert?
Presstituierter: Dennoch ist die Zweistaatenlösung die einzige realistische Option, die Sie ja ablehnen.
Özoguz: Zunächst einmal wäre es eine Lüge zu behaupten, dass Leute wie Sie und die hiesige Poltik sich dafür einsetzten würden. Wie oft haben Sie denn die Bundesregierung dafür kritisiert, dass sie bis heute Palästina nicht anerkannt hat, obwohl die Mehrheit der Staaten es getan hat? Zudem geben selbst fachkundige Zionisten und Experten für die Region zu, dass Israel inzwischen Tatsachen geschaffen hat, die jegliche Zweistaatenlösung unmöglich machen.
Presstituierter: Wollen Sie deshalb alle Juden ins Meer verjagen?
Özoguz: Hören Sie doch endlich einmal auf mit Ihrer Propaganda. Sie werden doch nicht von Israel bezahlt! Niemals haben diejenigen, die eine realistische Lösung für die Jahrzehnte anhaltende Besatzung gesucht haben, solch eine Lösung angestrebt. Es sind doch nicht die Juden, die seit sieben Jahrzehnten vertrieben werden, sondern die Nichtjuden! Warum sollten Juden, Christen und Muslime nicht gleichberechtigt in einem Staat gemeinsam leben können? Südafrika ist es doch auch gelungen, die Apartheid zu überwinden, auch wenn der Weg noch sehr steinig ist.
Presstituierter: Israel kann nicht zulassen, dass die Araber mitbestimmen, denn sie bekommen mehr Kinder und würden eines Tages die Oberhand gewinnen, ist das nicht nachvollziehbar?
Özoguz: Ich bin dankbar, dass Sie den westlichen Rassismus, der in so vielen Köpfen von Presstituierten schlummert, so offen ausgesprochen haben. Merken Sie denn nicht, dass Sie der Rassist sind? In einem gleichberechtigten Staat könnten sich alle gemeinsam für Frieden einsetzen und Palästina könnte zum Leuchtturm für Frieden in der Welt werden.
Presstituierter: Aber die Araber haben über 50 Staaten, in denen sie leben können. Die Juden haben nur Israel. Warum wollen Sie das nicht verstehen?
Özoguz: Sie definieren Judentum als Nation, wie es die Zionisten tun, ich betrachte das Judentum als Religion, wie es viele gläubige und praktizierende Juden tun. Für Ihre Gedankenwelt wird ein deutscher Jude immer ein Israeli sein, wie sie einem deutschen Muslim niemals als vollwertigen Deutschen ansehen werden. Der Rassismus steckt so tief in Ihrer Denkwelt, dass sie noch nicht einmal merken, wie rassistisch Sie argumentieren. Palästina ist die Heimat der Palästinenser, und sie wollen diese verjagen oder zu Bürgern zweiter Klasse degradieren, damit deutsche Juden in Israel eine Heimat haben. Wie antisemitisch ist das denn?
Presstituierter: Können Sie denn überhaupt nicht verstehen, dass wir Deutsche ein besonders sensibles Verhältnis zum Judentum haben aufgrund unserer Geschichte?
Özoguz: So lange sie die rassistische Blockade in Ihrem Kopf nicht abbauen, werden Sie die Wahrheit verhöhnen. Um es klarzustellen: Ich bin auch Deutscher, Deutschland ist meine Heimat, auch wenn Ihresgleichen das niemals akzeptieren werden! Ich war bereits mit 18 Jahren in Ausschwitz, als es noch sehr schwer war hinter den eisernen Vorhang zu gelangen. Ich habe zudem Dachau besucht, wo es auch Gedenktafeln für Muslime gibt und andere Gedenkstätten. Mir ist der Rassismus der Möchtegernarier bekannt. Aber nicht alle Deutsche waren damals Verbrecher. Es gab auch Widerstand. Die Weiße Rose waren auch Deutsche. Ich bin auch Deutscher und meine Vorfahren haben die flüchtenden Juden aufgenommen. Ich lehne eine, noch dazu vererbbare, Kollektivschuld grundsätzlich ab, denn das ist unmenschlich. Ein heute geborener Deutscher hat doch keine Schuld daran, dass seine Urgroßeltern evtl. geschwiegen oder mitgemacht haben. Genauso wenig haben die Nachkommen des damaligen Widerstandes einen Anteil daran. Aber wir alle müssen aus der Geschichte lernen, dass jegliche Form von Rassismus abzulehnen ist. Wer heute dafür eintritt, dass die Palästinenser ihre Heimat verlieren, damit Juden aus aller Welt dort leben dürfen, hat nichts aus der Geschichte gelernt.
Presstituierter: Aber die Palästinenser würden sich doch sofort an allen Juden rächen, wenn sie die Chance dafür erhalten würden. Wollen Sie als Deutscher das mitverantworten?
Özoguz: Wie kommen Sie zu dieser absurden Propagandabehauptung. Haben die einheimischen Afrikaner in Südafrika sich an allen Kolonialisten gerächt, als die Apartheid abgeschafft worden ist? Es gab eine Wahrheitskommission, in der nur die übelsten Verbrecher belangt worden sind. Alle anderen kamen frei. Ähnlich wird es in Palästina ablaufen.
Presstituierter: Doch Palästinenser werden niemals in Frieden in Israel leben, das ist doch unvorstellbar, daher muss sich Israel stets verteidigen.
Özoguz: Die meisten Menschen aller Völker wollen in ihrer Heimat in Frieden leben. Wenn es ein gleichberechtigtes Miteinander von Juden, Christen und Muslime in Palästina gibt, dann werden diese Menschen selbst entscheiden, wie sie ihren Staat nennen, und dann hat das schlimmste noch bestehende westliche Kolonialprojekt ein Ende.
Presstituierter: In meinen Augen bleiben Sie ein Antisemit!
Özoguz: Und in meinen Augen sind Sie ein Mensch, der nicht nur seinen Körper, sondern auch seine Seele der Unmenschlichkeit verkauft hat. Ich trete für ein gemeinsames Miteinander von Juden, Christen und Muslimen in Jerusalem ein, und Sie wollen die Menschen spalten. Der Leser wird entscheiden, wer sich mehr für Menschlichkeit eingesetzt hat. Ich werde aber für Sie beten, dass Sie sich aus dem selbstgebastelten Gefängnis eines Tages befreien können.
[1] http://www.eslam.de/manuskripte/buecher/...tember_2001.htm
[2] http://www.muslim-markt.de/interview/2010/benz.htm
http://www.muslim-markt-forum.de/t1608f2-Herr-oezoguz-sind-Sie-Antisemit.html