IQNA

Systematische Islamfeindlichkeit kanadischer Strafverfolgungsbehörden

9:26 - July 17, 2023
Nachrichten-ID: 3008721
OTTAWA (IQNA) – Hinweise lassen vermuten, dass muslimische Gemeinden in Kanada übermäßig unter Polizeikontrolle stehen, und es gäbe eine systematische Islamfeindlichkeit in den Strafverfolgungsbehörden.

 

In einem Artikel in The Conversation hat Jo Adetunji dieses Problem diskutiert.

Als Kanadier sind wir oft stolz darauf, dass wir uns anders als die USA wahrnehmen, indem wir stolz unsere Verachtung über Ereignisse südlich der Grenze äußern.

Dennoch gibt es noch eine dringende Frage: Sind wir einigen der gleichen Praktiken verfallen, die wir so heftig verurteilen, vor allem systematische Islamfeindlichkeit?

Am Kanadatag 2013 waren John Nuttal und Amanda Korody von der RVMP inhaftiert worden, nachdem sie angeblich versucht haben sollen, die Legislatur von Britisch Kolumbien zu bombardieren.

Die Verhaftungen waren weit als ein Sieg über den weltweiten Krieg gegen den Terror gefeiert worden. Jedoch drei Jahre später hatten die Kanadier entdeckt, dass die Inhaftierungen nicht die Erfolgsstory gewesen waren, welche die RCMP ihnen dargestellt hatte.

Im Juli 2016 hatte Richterin des Höchsten Gerichts von B.C. Catherine Bruce angeordnet, dass der RMCP ein Scheinverbrechen entwerfen solle, um Nuttal und Korody darin zu verstricken.  

Dieser Fall stellt das einzige Terrorismusverhör in Nord-Amerika dar, wo bei der Verteidigung Verstrickung erfolgreich angewandt worden war, um die Terrorismusüberzeugungen umzukehren, das zu einer Unterbrechung des Prozesses und zur Überführung des Paares geführt hatte. Hinter diesem grundbrechendem Fall liegt jedoch eine dunklere Wahrheit – die zutiefst bedenklichen Taktiken, die von der RCMP angewendet werden.

 

Projekt Souvenir

In einer Geschichte, die sich wie ein Hollywood-Thriller liest, hatte sich die RCMP in einem Netz von Intrigen wiedergefunden, als sie im Februar 2013 einen Hinweis vom CSIS erhalten hatte, dass Nuttal Potassiumnitrat erworben und einige pro-islamische Äußerungen getan hatte. Als Antwort darauf hatte die RCMP eine ausgearbeitete Überwachungsoperation unter der Bezeichnung Project Souvenir ausgearbeitet.

Der verdeckte „Beamte A“ hatte Nuttal in eine fiktive extremistische Organisation verstrickt, die einen großen Angriff auf den Westen geplant haben soll. Nuttal, der vom Beamten A beauftragt worden war, den Plan auszuarbeiten, hatte ein weites Spektrum an grandiosen Ideen vom Zugüberfall bis zum Abfeuern von Raketen über der Legislatur von B.C.

Als die Operation dargelegt wurde, ist deutlich geworden, dass Nuttal nicht fähig war, auch nur einen der vorgeschlagenen Pläne auszuführen. Der Beamte A hatte Nuttal gedroht, ihn von der Organisation auszuschließen, wenn er nicht einen ausführbaren Angriffsplan vorlegen würde.

Letztendlich war ein Plan zusammengekommen, bei dem Pressluftkocher in der Legislatur von Victoria gestellt werden sollten. Nuttals fehlendes Wissen und Inkompetenz hinsichtlich des Umgangs mit explosiven Stoffen war absolut sichtbar.

Dies hatten den Beamten A zu dem Versprechen geführt, Nuttal alle Mittel, auch den Scheinsprengstoff C4, zu beschaffen.

Am Kanadatag 2023 hatte der Beamte A das Paar zu der Legislatur gefahren, wo sie die Luftdruckbomben installierten. Am späten Nachmittag war das Paar festgenommen worden.

 

Das extreme Überwachen von Muslimen

Trotz seiner langen Kriminalgeschichte von über zwanzig Jahren schien er erst die Aufmerksamkeit der RCMP auf sich gezogen zu haben, nachdem er zum Islam konvertiert war.

Während des Verhörs wurde es offensichtlich, dass der Polizei substantielles Beweismaterial gefehlt hatte, um auch nur einen Verdächtigungspunkt bezüglich des Paares beweisen zu können. Es hatte keine Bestätigung für die Alarmbereitschaft des CSIS gegeben, dass die Untersuchung auf erster Stelle begonnen wird, aber die Polizei hatte sie einfach durchgeführt.

Stattdessen schien es, dass die Polizei das Paar aufgrund seiner Religion aufgenommen hätte und fälschlicherweise ehrlichen, religiösen Glauben mit politischem Verbrechen und Terrorismus in Verbindung gebracht habe.

Die RCMP hatte rund 1 Millionen $ an Überbezahlung für 200 Bergpolizisten für die fünfmonatige Operation veranschlagt.

Dies erhebt die Frage, ob muslimische Gemeinden in Kanada von der Polizei überbewacht werden sollen, wie es der Juraprofessor Kent Roach von der University of Toronto vorgeschlagen hat.

Die unerschütterliche Entschlossenheit der RCMP, mit der Untersuchung fortzufahren, ungeachtet der Warnungen eines von der Polizei geschaffenen Verbrechens innerhalb der Intrigen der Polizei, stellt die Frage auf: Waren die Untersucher von Stereotypen und Diskrimination beeinflusst worden?

Was Roach als Überbewachung der Muslime bezeichnet, hat zu einem wuchernden Missbrauch der Menschenrechte geführt. Alarmierende Parallelen treten in Fällen wie Maher Arar, Abdullah Almalki und anderen muslimischen Kandadiern auf, wo Informationen von Beschuldigungen von Vereinen und anti-muslimischen Stereotypen gestammt haben könnten.

 

Massenüberwachung

Eine vor kurzem erschienene Studie der Akademiker für Krimonologie und Soziologie Baljit Nagra und Paula Maurutto bringt weiteres Licht auf die Massenüberwachung der Muslime des CSIS in Kanada.

Die Studie dokumentiert, wie der CSIS eine Kultur der Informanten fördert und enthüllt, wie in der Luft liegende rassistische Erzählungen über „radikalisierte, extremistische Muslime“ die Legitimität geschaffen haben, die Überwachung in die Hände von Überwachungsdiensten unter der Erscheinung des Kriegs gegen Terror zu schieben.

CSIS hat einen „Radikalisierungsrahmen“, der religiöse Ergebung als ein Kennzeichen, das junge Muslime als ein Risiko für die mögliche Unterweisung in radikalen Extremismus ansieht, angenommen, wodurch Islam mit potentialem Terrorismus in Verbindung gebracht wird.

Wenn wir die Bewahrung unserer Rechte und Freiheiten beachten, stehen wir einer ernüchternden Wahrheit gegenüber: Wir unterscheiden uns wahrscheinlich gar nicht so viel den unseren Nachbarn südlich der Grenze.

Kanada muss weiterhin die Taktiken und Entscheidungsprozesse, die von seinen Strafverfolgungsagenturen angewandt werden, untersuchen. Dabei müssen wir über die tiefen Konsequenzen der Überbewachung auf Religions-, Ausdrucks- und Versammlungsfreiheit nachdenken – insbesondere für kanadische Muslime – und ihre Wirkung auf Gleichheit.

Quelle: The Conversation

 

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