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Jemeniten scheitern mit Klage gegen bewaffnete US-Drohneneinsätze via Ramstein

23:13 - November 26, 2020
Nachrichten-ID: 3003423
Teheran (IQNA)- Eine Klage gegen US-Drohneneinsätze unter Einbeziehung der Air Base Ramstein vor dem Bundesverwaltungsgericht ist gescheitert. Für die Kläger und Gegner von Drohneneinsätzen ist das Urteil ein großer Schlag. Welche Verpflichtung und Verantwortung ergibt sich daraus für die Bundesregierung?

Von Paul Linke

Drei Männer aus dem Jemen sind mit einer Klage gegen die Bundesrepublik wegen der US-Drohneneinsätze in ihrem Heimatland gescheitert. Die Kläger wollten erreichen, dass Deutschland die bewaffneten Drohnenflüge unterbindet. Sie hatten 2012 bei einem Angriff zwei Angehörige verloren - nach ihrer Darstellung unschuldige Zivilisten.

Die Jemeniten wandten sich an deutsche Gerichte, weil der Luftwaffenstützpunkt im pfälzischen Ramstein eine bedeutende Rolle im US-Drohenprogramm spielt. Dort laufen Datenströme zusammen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies die Forderungen der Jemeniten am Mittwoch jedoch zurück. Es änderte ein anderslautendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster ab.

Vor dem OVG hatten die Kläger in dem politisch brisanten Fall noch einen Teilerfolg erzielt. Das OVG hatte entschieden, dass die Bundesrepublik aktiver als bisher werden müsse. Es sei zu wenig, auf die amerikanische Zusicherung zu vertrauen, dass die Aktivitäten im Ramstein im Einklang mit geltendem Recht abliefen. Die Bundesrepublik, argumentierten die Oberverwaltungsrichter, müsse nachforschen, ob die Drohneneinsätze gegen das Völkerrecht verstoßen. Das Verteidigungsministerium legte Revision gegen dieses Urteil ein.

Anders als das OVG kamen die Bundesrichter nicht zu der Einschätzung, dass die Bundesregierung „über die bisher schon durchgeführten diplomatischen und politischen Konsultationen sowie die Einholung rechtlicher Zusicherungen hinaus“ zu wenig unternommen habe. Die Bundesregierung könne nicht verpflichtet werden, ihre Rechtsauffassung zu veröffentlichen, erklärte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung.

 

Grundrechtliche Schutzpflicht für Ausländer im Ausland

Das Bundesverwaltungsgericht entschied allerdings auch, dass es für Ausländer im Ausland prinzipiell eine grundrechtliche Schutzpflicht Deutschlands geben könne. Dafür gebe es aber Voraussetzungen. Zum einen müssten völkerrechtswidrige Handlungen konkret zu erwarten sein. Zum anderen müsse es dabei einen engen Bezug zum deutschen Staatsgebiet geben. Es reiche nicht aus, dass Ramstein technisch für das US-Drohnenprogramm bedeutsam sei, sondern es müssten konkrete Entscheidungen auf deutschem Boden stattfinden.

„Dass die Einbindung der Air Base Ramstein in bewaffnete Drohneneinsätze im Jemen zusätzlich eine Auswertung von Informationen einschließt, hat das Oberverwaltungsgericht nicht abschließend festgestellt. Ob die unter Nutzung der Air Base Ramstein durchgeführten Drohneneinsätze der USA im Jemen regelmäßig gegen Vorgaben des humanitären Völkerrechts, insbesondere die Verbote unterschiedsloser Angriffe oder von Angriffen mit unverhältnismäßigen Kollateralschäden verstoßen, kann unter Berücksichtigung der vertretbaren Bandbreite von Rechtsauffassungen ebenfalls nicht ohne ergänzende Tatsachenfeststellungen des Oberverwaltungsgerichts entschieden werden“, heißt es in der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts.

Daraus schließt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Andrej Hunko: „Der Drohnenkrieg ist unkontrollierbar, juristisch und parlamentarisch. Auf keinen Fall darf die Bundesregierung Kampfdrohnen anschaffen.“

 

Völkerrecht und Menschenrechte stärker durchsetzen

Die Jemeniten wurden bei der Klage von der Menschenrechtsorganisation ECCHR unterstützt. Deren Völkerrechtsexperte Andreas Schüller sagte, sie seien enttäuscht von der Leipziger Entscheidung und hätten sich mehr erwartet. „Ein Staat, der sein Territorium für Militäreinsätze zur Verfügung stellt, muss Völkerrecht und Menschenrechte stärker durchsetzen, als es die Bundesregierung macht“, bemängelte Schüller. Den Klägern bleibe nun noch der Weg ans Bundesverfassungsgericht und eventuell auch zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

Für die Kläger sei das Urteil ein großer Schlag, zitierte die ECCHR einen der Kläger, Faisal Bin Ali Jaber. „Meine Familie kann nicht angstfrei leben, während diese Drohnen, die mit deutscher Hilfe fliegen, über unserer Gemeinde im Jemen kreisen und Tod und Zerstörung bringen“, so Jaber. Bei einem Drohnenangriff sind nach Angaben der ECCHR mehrere Mitglieder seiner Familie ums Leben gekommen.

 

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