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Das Auge Israels auf die bahrainische Opposition: Die Geständnisse der Spionin Kylie Moore-Gilbert

23:22 - March 06, 2021
Nachrichten-ID: 3003882
Teheran (IQNA)- Die israelische Spionin Moore-Gilbert beobachtete die bahrainische Opposition im iranischen Exil und wurde letztlich von den iranischen Behörden gefasst. Ihr Geständnis erzählt den spannenden Werdegang einer australischen Studentin im Dienste der Apartheidsystems.

Am 26. November 2020 entließen die iranischen Behörden die Spionin Kylie Moore-Gilbert im Rahmen eines Gefangenenaustausches mit drei iranischen Staatsbürgern aus der Haft. Sie war für die Spionage gegen die bahrainische Opposition und gegen iranische Aktivitäten in der Region zugunsten Israels angeklagt. Im Jahre 2019 wurde die Akademikerin Moore-Gilbert von einem iranischen Gericht der Spionage für den israelischen Militär-Geheimdienst Aman schuldig gesprochen und zu einer Haft von zehn Jahren verurteilt. Vorher wurde sie im September 2018 von den Revolutionsgarden während einer Spionage-Aktivität im Iran festgenommen.

Hinweis: Alle folgenden Informationen stammen von dem Geständnis Kylie Moore-Gilberts in den Dokumenten der iranischen Gerichte und einer Videoaufnahme ihres Geständnisses.

Moore-Gilbert ist 1987 in Australien geboren, begann 2008 ihr akademisches Studium an der Cambridge Universität in Großbritannien und nahm im selben Jahr das Judentum an (ihr Vater ist Jude). Während ihres Studiums lernte sie den israelischen Offizier Roy Bikubits kennen, dessen Vater ebenfalls ein hochrangiger Offizier war. Sie reiste später öfters mit ihm in die besetzten palästinensischen Gebiete.

Im Jahr 2011 kehrte Moore-Gilbert in die besetzten palästinensischen Gebiete zurück, um ihren Bachelor abzuschließen und begann ein achtmonatiges Studium der hebräischen Sprache an der Universität von Haifa. Dort, in den besetzten Gebieten, führte sie Interviews mit Verantwortlichen des Schin Bet (israelischer Inlandsgeheimdienst, auch Schabak genannt), darunter auch Ami Ajalon, dem ehemaligen Chef des Geheimdienstes. Während ihres Aufenthaltes in Israel lernte sie den russischstämmigen Israeli Raslan Chodrov kennen, der beim Schabak arbeitet. Durch den Einfluss Raslans interessierte sich Moore-Gilbert an der Arbeit mit dem Geheimdienst und beteiligte sich an einer militärischen Ausbildung im Bereich des Nachrichtendienstes und der Spionage an der Kaserne Kadna.

Im Jahr 2013 erhielt sie ihren Bachelor- und Magister-Abschluss an der Universität Cambridge und heiratete Raslan Chodrov.
Daraufhin machte Raslan sie mit dem Nachrichtendienstoffizier Zahar bekannt, der ihnen ein Informationstreffen zum Thema Entwicklungen in Westasien organisierte. Danach nahm sie an einem 40-tägigen Kurs am Herzilya Center über Terrorbekämpfung teil.

Während des Kurses nahm sie an einem „Projekt Iran“ teil. Gleichzeitig schrieb sie für das Herzilya Center ein Informationsblatt über „Iran und seine Bemühungen zur Entstehung einer schiitischen Fraktion in Westasien für die Verbreitung von Terrorismus und Sektarismus“ für das Gremium für Kommunikations- und Informationstechnologie. Der Fokus des Blattes lag auf der Präsenz Irans und seiner Verbündeten in Syrien.

Da dieses Gremium ein wissenschaftlicher Arm des israelischen Militärgeheimdienstes Aman ist, hatte Moore-Gilbert von dieser Zeit an eine direkte Verbindung zu Aman. In derselben Zeit nahm Moore-Gilbert Kontakt mit dem Institut für Nationale Sicherheitsstudien an der Universität Tel Aviv auf, welches Verbindungen zu militärischen Sicherheitseinrichtungen in Israel unterhält.

Die Aufgabe Moore-Gilberts begann mit der Unterwanderung der bahrainischen Opposition. Um einen Vorwand für ihre geheimdienstlichen Aufgaben zu erhalten, änderte sie ihr Forschungsthema für den Doktortitel an der Cambridge Universität von Syrien zu Bahrain. Dies geschah auf Bitten von Aman. Dem Geheimdienst war diese Änderung sehr wichtig, um die bahrainischen Revolutionäre zu identifizieren, die Verbindung der Opposition zu Iran zu erkennen und die Wege von Waffen- und Geldlieferungen nach Bahrain durch in Iran exilierte Oppositionelle zu erfahren. Durch den israelischen Militärgeheimdienst nahm sie Kontakt zum bahrainischen Parlamentarier Jassim Hussein auf, der ihr in Absprache mit dem bahrainischen Nachrichtendienst die Bahrain-Einreise organisierte.

Während ihrer Reise erschlich sie sich das Vertrauen vieler politischer Organisationen, die gegen die dortige Regierung waren und baute sich so ein Netz von Aktivisten mit Namen und Besonderheiten auf, um deren Anzahl und die Fähigkeit zur Bewaffnung zu erfassen. Moore-Gilbert führte während ihres Aufenthalts Interviews mit etwa dreißig Persönlichkeiten und deren Familien, darunter auch der Menschenrechtsaktivist Nabeel Rajab. Im Laufe ihrer Reise traf sie sich auch mit Offizieren des bahrainischen Geheimdienstes. Zum Abschluss des ersten Teils ihrer Mission erhielt sie hohe Summen von Jassim Hussein. In ihrem Geständnis sagt sie, dass dieses Geld von der bahrainischen Regierung (als Bezahlung) für die israelischen Dienstleistungen war.

Der zweite Teil ihrer Mission bezog sich auf die oppositionellen Bahrainer, die im Iran lebten und der Kontaktaufnahme mit ihnen, um zum wahren Ziel der Aufgabe zu gelangen. Da, anders als in Bahrain, keine Absprache mit den iranischen Nachrichtendiensten möglich war, stellte sich die Reise dorthin schwieriger dar und sie musste vorbereitende Maßnahmen ergreifen. So trainierte sie eineinhalb Jahre die persische Sprache und informierte sich mithilfe Jassim Husseins über die Kultur Irans und Bahrains und die Aktivitäten der bahrainischen Opposition im Iran.

2018 nahm More-Gilbert an einem Kurs über die Grundlagen der Reisesicherheit (mit Unterstützung durch Aman) an der Universität Melbourne teil. Vor diesem Kurs hatte sie bereits den Doktortitel in Melbourne erworben und während des Kurses entstand bei ihr die Furcht vor der Gefangennahme im Iran. Der Geheimdienst konnte diese aber dadurch besänftigen, dass bis dahin nochkein australischer Staatsbürger aus Sicherheitsgründen im Iran verhaftet worden war.

Dennoch wechselte Moore-Gilbert vor ihrer Reise ihre elektronischen Geräte (Smartphone, Tablet und Laptop) und ließ diese in den besetzten Gebieten bei ihrem Ehemann zurück. Sie bat ihn, im Falle von Problemen, ihre E-Mails und Social-Media-Accounts zu löschen. So erreichte sie Anfang September 2018, unter dem Mantel der wissenschaftlichen Forschung und ihrer Teilnahme an der Universität der Religionen und Lehren in Qum, den Iran.
In der Universität konnte sie Kontakt zu einem deutschen Forscher mit engen Beziehungen zu den Bahrainern in Qum aufbauen.

Sie ging zunächst nach Isfahan, dann nach Qum, wo sie zwölfTage blieb und viele Schüler der islamischen Theologieschule (Hauza) und einige bahrainische Geistliche traf. Danach reiste sie zur Hauptstadt Teheran und traf wichtige Personen der Oppositionsparteien. Währenddessen sammelte sie sensible Informationen über die Verbindung Irans zur bahrainischen Opposition. Die gesammelten Informationen schickte sie verschlüsselt an den israelischen Militärgeheimdienst. Sie benötigte noch immer Informationen über die Verbindung der Bahrainer zur Widerstandsfront und der Bewaffnung von Bahrainern durch die Islamische Republik. Außerdem blieb ihr noch das Sammeln von Informationen über eine wichtige Person, welche in Qum wohnte und nicht näher benannt ist. So war geplant, dass Moore-Gilbert mithilfe einer Kontaktperson namens Ilyas, welcher von Jassim Hussein kam, den Kontakt zu der Person in Qum herzustellen. Ilyas war sich Moore-Gilberts wirklicher Aufgabe nicht bewusst und nahm an, dass er lediglich eine wissenschaftliche Forscherin traf.

Ihr entscheidender Fehler war, das ständige und langzeitige Drängen und Bestehen auf das Treffen mit der Person, die für sie die wichtigste war. Damit brach sie die Grundregeln der israelischen Geheimdienstarbeit. Dieses ständige Drängen gegenüber Ilyas führte dazu, dass er Kontakt mit der Person aufnahm. Es kam jedoch zu keinem Gespräch mit Moore-Gilbert und der Zielperson. Ab diesem Zeitpunkt befand sich Moore-Gilbert unter strenger Überwachung durch den iranischen Geheimdienst. Vor ihrer Ausreise aus dem Iran wurde sie von der iranischen Revolutionsgarde gefasst.

Die Ermittlungen führten zum Ergebnis, dass Moore-Gilberts wesentlichen Aufgaben folgende waren:
Aufbau eines Netzwerkes und das Bekanntmachen mit bahrainischen Oppositionellen im Iran

Recherchen über den Transfer von finanziellen Hilfen nach Bahrain durch Oppositionelle im Iran
Feststellen der Auswirkungen der US-amerikanischen Sanktionen auf den Iran und die bahrainischen Oppositionellen
Sammeln von Informationen über Aktivitäten der bahrainischen Opposition im Iran
Untersuchung der Schutzvorkehrungen wichtiger Führungspersönlichkeiten der Bahrainer im Iran

Ihr Geständnis enthüllte zudem die Beteiligung des bahrainischen Parlamentariers Jassim Hussein an der Spionage und dass dieser sie mehrmals in Australien besucht hatte. Infolgedessen sprachen iranische Gerichte einen Haftbefehl gegen diesen Kollaborateur aus. Die Verhandlungen über die Freilassung Moore-Gilberts begannen durch das australische Außenministerium, welches den iranischen Außenminister Dschawad Zarif kontaktierte.

Australien bot die Freilassung einer Frau Ghudskani an, die in Australien wegen des Vorwurfs des Schmuggels von Technologie in den Iran festgenommen und zu 27 Monaten Haft verurteilt worden war.

Das Vereinigte Königreich bot 400 Millionen britische Pfund an eingefrorenem iranischen Geld an, um an den Verhandlungen teilzunehmen und Briten mit doppelter Staatsbürgerschaft aus iranischen Gefängnissen freizulassen. Die Islamische Republik lehnte beide Angebote ab und verlangte stattdessen die Aushandlung eines Gefangenenaustauschs mit politischen Gefangenen in Bahrain. Australien versuchte dies durchzusetzen, scheiterte aber aufgrund anderer damaliger Differenzen mit der bahrainischen Regierung (Fußballspieler Hakim al Araibi)[1]. Letztendlich wurden gegen die Freilassung Moore-Gilberts drei iranische Staatsbürger aus der Haft entlassen und die Geschichte der Spionin aufgedeckt.

https://m.faz.net/aktuell/sport/fussball/geflohener-fussball-profi-hakim-al-oraibi-ist-jetzt-australier-16084473.amp.html#aoh=16144265590334&referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com&amp_tf=Von %251%24s ↩︎

 

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