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Syrische Christen sorgen sich um ihr Schicksal im Schatten der Tahrir al-Scham-Regierung

17:16 - December 29, 2024
Nachrichten-ID: 3011905
IQNA- Während des 13-jährigen Bürgerkriegs in Syrien blieben die Christen der Assad-Regierung weitgehend treu, doch die schnelle Machtergreifung der Tahrir al-Scham-Gruppe weckte Bedenken hinsichtlich des Schicksals der christlichen Minderheit des Landes.

IQNA: Times of Israel untersuchte in einem Artikel Frage: „Kann die schrumpfende christliche Gemeinschaft in Syrien unter der neuen syrischen Regierung überleben? Und können syrische Christen, die der Assad-Regierung treu ergeben waren den Versprechen der neuen islamistischen Machthaber in diesem Land vertrauen?» das Leben der syrischen Christen im Schatten der Regierung der Tahrir al-Sham-Gruppe: Die schnelle Machtergreifung der sunnitischen Sekte Tahrir al-Scham in Syrien weckte Besorgnis über das Schicksal der christlichen Minderheit des Landes. (Quelle: Ilaf)

Laut einem Bericht einer in den USA ansässigen Nichtregierungsorganisation der Kirche belief sich die Zahl der Christen in Syrien vor Beginn des Bürgerkriegs im Jahr 2011 auf 1,5 Millionen und sie machten etwa 10 % der syrischen Bevölkerung aus. Doch innerhalb eines Jahrzehnts ging ihre Zahl deutlich zurück und im Jahr 2022 lebten nur noch 300.000 Christen oder etwa 2 % der syrischen Bevölkerung in diesem Land.

 

Existenz gebildeter und wohlhabender Christen in Syrien

Obwohl Christen wohlhabender und gebildeter waren als die durchschnittliche syrische Bevölkerung, sind sie massenhaft eingewandert, um der Terrorgruppe ISIS und der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage Syriens zu entkommen.

Die neuen Führer von Tahrir al-Scham versicherten dem syrischen Volk und der internationalen Gemeinschaft wiederholt, dass sie alle Minderheiten darunter Schiiten, Alawiten, Drusen, Kurden und andere schützen werden und der neue syrische Premierminister Muhammad al-Bashir forderte auch Flüchtlinge im Ausland auf, in ihr Land zurückzukehren und versprach die Rechte aller Religionen in Syrien zu gewährleisten.

 

Tausendjährige Geschichte der Christen in Syrien

Es bleibt jedoch abzuwarten ob das krisengeschüttelte Syrien, wie seine neuen Führer behaupten, wieder zu einem Ort werden kann an dem alle Religionen leben können.

Die in Washington ansässige Nichtregierungsorganisation Christian Defense äußerte sich kürzlich besorgt über das Schicksal der seit Jahrtausenden in Syrien lebenden Christen.

Einige Quellen in Aleppo gaben nach dem Sturz von Baschar al-Assad und Kontrolle der Stadt durch Tahrir al-Scham in einer Erklärung bekannt, dass Christen in Angst leben und häufig Opfer von Verbrechen und Zerstörung werden.

Allerdings interviewte das Center for Peace Communications, eine in New York ansässige gemeinnützige Organisation, kürzlich Christen in Aleppo anlässlich des Barbaratags, der von Christen im Nahen Osten gefeiert wird. Sie sagten, dass sie zu Beginn der Besetzung Syriens durch Tahrir al-Scham Angst und Sorge verspürten, aber jetzt hätten sie das Gefühl, dass es keinen Grund zur Sorge gebe und die Kirchen ihre normalen Aktivitäten fortsetzten.

 

Syrische Christen sorgen sich um ihr Schicksal im Schatten der Tahrir al-Scham-Regierung

 

Christen während der Zeit von Baschar al-Assad

Während des 13-jährigen Bürgerkriegs in Syrien blieben die Christen der Assad-Regierung weitgehend treu, da Assad sich selbst als Verteidiger religiöser Minderheiten darstellte.

Hazem al-Ghobara, syrischer Analyst und ehemaliger leitender Berater des US-Außenministeriums, sagte gegenüber The Times of Israel: Christen hatten oft Angst und Sorge vor islamistischen Elementen in der syrischen Revolution, aber sie wiederholten die Botschaft des Assad-Regimes, die jeder tun sollte: Wer sich gegen das Assad-Regime stellt, ist ein islamistischer Terrorist.

Er erklärte, dass es heute nach dem Sturz von Baschar al-Assad eine Beleidigung für Christen wäre, Christen als Unterstützer des Assad-Regimes zu bezeichnen.

 

Herzliches und aufrichtiges Treffen mit Ahmad al-Schara

Christen freuten sich wie viele Syrer über den Sturz von Baschar al-Assad. Bahjat Qarakesh, Priester der Aleppo-Kirche, sagte gegenüber „Vatikan News“: In den letzten Jahren zeigten die Rebellen den Christen gegenüber viel Flexibilität und gaben ihr beschlagnahmtes Eigentum zurück. In der Region Idlib, die seit einem Jahrzehnt unter der Kontrolle von Tahrir al-Scham steht, durften Christen ihre religiösen Praktiken fortsetzen.

Bischof Hana Jalouf, Nachfolgebischof von Aleppo, sagte der Vatikanischen Nachrichtenagentur, er traf sich mit Tahrir al-Scham-Führer Ahmad al-Schara und versicherte, dass Christen und ihr Eigentum nicht angetastet würden und dass alle ihre Forderungen erfüllt werden.

Dies trotz der Tatsache, dass Ahmed al-Schara, damals als Abu Mohammad al-Julani bekannt , 2015 in einem Interview mit Al-Jazeera sagte, dass sobald die Tahrir al-Scham-Gruppe die Kontrolle über ganz Syrien übernimmt wird es dem Land islamische Gesetze auferlegen.

Er sagte, dass Christen einen Sonderstatus haben werden, weil sie Menschen des Buches sind und dass es ihnen erlaubt sein wird ihren Glauben auszuüben, allerdings entsprechend der Religion des Islam. Daher müssen sie Steuern und Jizya zahlen.

 

Allerdings kontrollierte Tahrir al-Scham zu dieser Zeit nicht alle Gebiete Syriens

Damals sagte Al-Julani, dass religiösen Minderheiten wie Alawiten und Drusen in Syrien ein anderes Schicksal bevorstehe, deren Glauben vor Jahrhunderten aus der islamischen Religion hervorgegangen ist, aber abwich.

Er sagte, dass diese beiden Gruppen ihre ideologischen Fehler korrigieren und zum Islam konvertieren müssten.

 

Entführung von 13 christlichen Mönchen

Im Jahr 2013, zwei Jahre vor Al-Julanis Interview mit Al-Jazeera, entführte Jabhat Al-Nusra, Al-Qaida-Zweig in Syrien, den Al-Julani damals anführte in einem Konflikt mit den Streitkräften des Assad-Regimes 13 christliche Mönche. Drei Monate später nachdem Katar sich bereit erklärte 16 Millionen Dollar an die Entführer zu zahlen, wurden sie freigelassen.

Heute scheint es, dass Al-Julani sich von seinen fundamentalistischen Positionen zurückzog. 2016 kündigte er seine Verbindungen zu Al-Qaida und präsentiert sich nun als Verfechter von Pluralismus und Toleranz.

 

Ansatz von al-Julani ändern um Vielfalt in Syrien zu schaffen

In den letzten Tagen legte der Anführer der Rebellen seinen Kriegsnamen ab und stellte sich mit seinem richtigen Namen Ahmed al-Schara vor. Auch in Presseinterviews und Gesprächen über den Aufbau staatlicher Institutionen und die Dezentralisierung der Macht zur Schaffung von Vielfalt in Syrien zieht er seine Kampfuniform aus und trägt bürgerliche Kleidung.

Die syrische Übergangsregierung besteht nur aus Mitgliedern von Tahrir al-Scham und umfasst außer sunnitischen Muslimen keine Vertreter säkularer oder religiöser Fraktionen.

Al-Ghobra sagte gegenüber The Times of Israel: Christen sind nicht die einzigen, die Angst vor dieser Situation haben. Diese Angst wird von Christen und gemäßigten Sunniten geteilt und wenn es in Syrien zu einer Regierung im Taliban-Stil kommt, werden zuerst die Christen ins Visier genommen, aber am Ende werden auch gemäßigte Sunniten Ziel dieser Veränderungen sein.

Die Erfahrungen von Tahrir al-Scham in der Verwaltung der Region Idlib in den letzten Jahren können ein Zeichen für ihr zukünftiges Verhalten in der Verwaltung des Landes sein.

Der Korrespondent von France 24, Wasim Nasr, der Idlib im Jahr 2023 besuchte, berichtete, dass Hunderte von christlichen Minderheiten, die in der Gegend verblieben waren religiöse Zeremonien abhalten durften, aber weder ihre Kreuze zeigen noch Kirchenglocken läuten lassen durften.

Al-Ghobra, syrischer Analyst, bleibt jedoch optimistisch, dass Tahrir al-Scham, sobald sie als internationale Regierung in Syrien anerkannt wird, gezwungen sein wird dem syrischen Volk Zugeständnisse zu machen und mehr Offenheit zu schaffen.

 

Übersetzt ins Persische von Fereshte Seddiqi

Übertragen vom Persischen ins Deutsche von Stephan Schäfer

 

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