IQNA: Das zionistische Regime strebt im Rahmen seiner Bemühungen, sein erklärtes und explizites Projekt der Aufteilung Syriens in kleine Staaten umzusetzen, Spannungen und Konflikte im Süden Syriens an, indem es einen konfessionellen Krieg schürt. Dies würde es Israel ermöglichen den regionalen und internationalen Konsens über die Stabilität und territoriale Integrität Syriens zu umgehen und das Land wieder in die regionale und internationale Sphären zu integrieren. (Quelle: Al Jazeera)
Doch der derzeitige globale Ansatz stellt einen Schlag für Israels Sicherheitsüberlegungen und einen Rückschlag für sein geopolitisches Projekt dar, das darauf abzielt das strategische Umfeld um Israel herum dauerhaft zu verändern. Dies geschieht angesichts der Existenz von Faktoren, die nicht immer gegeben sind. Sollte Syrien diese Faktoren überwinden und seine Defizite beheben können, würde Israel die verpasste historische Chance Syrien zu zerstückeln bedauern.
Die Drusenmauer: Von Theorie zur Umsetzung
Die Zerstückelung Syriens ist für Israel seit langem ein strategisches Ziel, teils aufgrund der multi-konfessionellen und multi-ethnischen Gesellschaftsstruktur des Landes, teils aufgrund der geostrategischen Lage Syriens im Herzen der arabischen Region. Das Regime kontrolliert wichtige Transportwege, Handelskorridore und regionale Allianzen und ist damit eine zentrale Plattform für die Beeinflussung und Neugestaltung des Nahen Ostens.
Wie durchgesickerte interne Dokumente zeigen, stammt Israels Strategie zur Teilung Syriens aus den 1950er Jahren. Sie basierte jedoch auf einer klaren Vision, dem sogenannten „Yinon-Plan“, den der israelische Diplomat Udid Yinon 1982 formulierte. Der Plan sah die Aufteilung Syriens in von religiösen und ethnischen Minderheiten bewohnte Gebiete sowie Schaffung mehrerer Kleinstaaten auf Grundlage dieser konfessionellen und ethnischen Zusammensetzung vor. Ziel war es diese neuen Staaten zu Verbündeten und Stellvertretern zu machen, die von Israel unterstützt würden.
Es ist offensichtlich, dass diese Denkweise zu einem grundlegenden Bestandteil der israelischen Strategie in Syrien geworden ist. Es ist auch klar, dass Israel, das bei der Umsetzung seiner Teilungsstrategie Syriens offensichtliches Chaos an den Tag legte, nun seine Politik an seine Ressourcen anpasst. Die militärische Besetzung ganz Südsyriens durch das Regime könnte eine potenzielle Herausforderung für das Regime darstellen, insbesondere angesichts der regionalen und internationalen Realität, die eine solche Politik ablehnt.
Israelische Strategen und Politiker hatten zuvor die Schaffung eines „David-Korridors“ ins Auge gefasst, der den Süden mit dem Osten verbinden und so die Drusen und Kurden unterstützen und in Syrien festigen sollte. Nach der Zerstörung der syrischen Militärinfrastruktur und der Eskalation der Krisen zwischen dem Zentrum und der Peripherie formulierte Israel, da die Mittel nun verfügbar und bereit waren, seine Ziele für die Schaffung eines drusischen und kurdischen Staates.
Die überraschende regionale und internationale Aufnahme des neuen Syriens und die Entstehung einer türkisch-arabischen regionalen Allianz, die angesichts der Pläne Israels ihren Höhepunkt erreichte, veranlassten Israel jedoch zu einem taktischen und vorübergehenden Rückzug aus dem „David-Korridor“ und den kurdischen und drusischen Ländern und in einem ersten Schritt zur Errichtung einer Drusenmauer in Südsyrien, die später erweitert werden sollte, um die oben genannten Ziele zu erreichen.
Die Idee der „Drusenmauer“ basiert darauf, aus den Drusendörfern von Jabal al-Sheikh, die der Region Qatna angehören, bewaffnete Gruppen zu bilden, sie mit den neuesten Waffen auszurüsten, ihre Führung und Verwaltung an Drusen aus den besetzten Gebieten zu übertragen, die in der israelischen Armee dienten und innerhalb der besetzten Gebiete einen Operationsraum einzurichten, um die Arbeit dieser Gruppen zu koordinieren.
In der nächsten Phase werden diese Gruppen, nachdem sie durch Mitglieder aus der Provinz Sweida und sogar durch die Drusen der Golanhöhen erweitert und gestärkt wurden Teil der israelischen Armee. Sie werden an Brigaden teilnehmen, die den Grenzstreifen im Süden Syriens von Quneitra bis zum Jarmuk-Tal besetzen. Sie werden eine Mauer bilden, die jede Bedrohung abwehren soll, die die Bewohner dieser Gebiete für die israelische Armee darstellen könnten.
Zu diesen Maßnahmen gehören natürlich auch Pläne zur Evakuierung der Bevölkerung und zur Verlegung des Grenzstreifens. Dieser Prozess begann bereits und wurde bisher in begrenztem Umfang durchgeführt. Doch mit dem Eingreifen konfessioneller Faktoren in den Konflikt dürfte er sich noch verschärfen und den Konflikt, der in Suwayda begann, vollenden, wo die Beduinen aus ihren Gebieten vertrieben wurden, in denen sie seit Jahrhunderten lebten.
Die Drusenmauer ist keine Fantasie! Walid Jumblatt, Anführer der Drusen im Libanon, besuchte als Erster Damaskus und traf sich mit der dortigen Führung. Er sprach darüber und warnte vor Israels Plänen eine „Drusenmauer“ zu bauen. Darüber hinaus unternimmt Israel unbestreitbare Schritte, um sich auf diese Entwicklung vorzubereiten.
Vorbereitung der Infrastruktur für die Drusenmauer
Israel setzt auf die aktuellen Entwicklungen in Syrien und ist überzeugt, dass die konfessionellen und ethnischen Entwicklungen eine neue Realität schaffen werden, die das Regime von gewaltsamen und kostspieligen Interventionen entlastet – Interventionen, die das Gegenteil der Erwartungen und Wünsche bewirken könnten. Daher sind jetzt Maßnahmen erforderlich, die diesen Realitäten gerecht werden. Vor allem aber ist Schaffung einer Infrastruktur erforderlich. Dafür sind folgende Maßnahmen erforderlich:
Erstens: Forderung nach Autonomie muss in mehreren Regionen Syriens zur Reife gebracht werden, während gleichzeitig der Regierung von Ahmed al-Sharaa, die vor Herausforderungen im Krisenmanagement steht eine Falle gestellt wird, in der sie jeden Fehler in eine legitime Rechtfertigung für die Forderung nach Autonomie verwandeln kann.
In diesem Zusammenhang werden immer mehr Konferenzen abgehalten, die eine Dezentralisierung fordern und es wird Druck auf die Medien ausgeübt, um Parteien herauszufordern, die das Regime in Damaskus unterstützen oder die syrische Einheit befürworten.
Zweitens: Schaffung eines neuen Ansatzes für den Umgang mit der drusischen Minderheit, der auf der Schaffung von Arbeitsplätzen für syrische Drusen in israelischen Landwirtschaftsprojekten auf den syrischen Golanhöhen basiert. Dieser Ansatz zielt darauf ab eine emotionale Bindung zwischen ihnen und Israel herzustellen und Bewegungen zu stärken, die eine Beziehung zu Israel fordern. Dies führt zu einer Schwächung der nationalistischen Kräfte, die die syrische Einheit betonen.
In diesem Zusammenhang nehmen die Drusen auf den Golanhöhen die israelische Staatsbürgerschaft an, da viele von ihnen nach den Ereignissen in Sweida offenbar keine Einwände mehr gegen die Aufgabe ihrer syrischen Staatsbürgerschaft haben. Darüber hinaus werden die drusischen Dörfer in Jabal al-Sheikh und der Provinz Sweida mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt und sogar eine institutionelle Struktur unter dem Vorwand geschaffen, den Menschen zu helfen.
Drittens: Die Bewohner des Grenzstreifens in Quneitra und Daraa werden daran gehindert ihr Land zu bewirtschaften und ihr Vieh zu weiden, die Haupteinnahmequelle der Bewohner dieser Gebiete. Diese Politik basiert auf ständigen Verhaftungen, Überfällen, Durchsuchungen und Angriffen, die die Privatsphäre der Bewohner missachten. Diese Politik treibt sie dazu ihre Gebiete zu verlassen und nach Daraa oder Damaskus zu ziehen. Sie gilt als Teil eines langsamen, aber anhaltenden Prozesses der Enteignung und Vertreibung.
Viertens: Israel versucht im Süden Syriens eine militärische Infrastruktur aufzubauen. Dazu gehören der Bau von Festungen, Einrichtung einer entmilitarisierten Zone sowie Einrichtung einer Geheimdienstkontrolle und strategischen Überwachung von Damaskus und den südlichen Regionen.
All dies geschieht im Rahmen eines langfristigen strategischen Veränderungsprozesses, der darauf abzielt die Sicherheitslage in weiten Teilen Syriens im Einklang mit der strategischen Vision Israels für die Region neu zu gestalten und zu harmonisieren.
Yedioth Ahronoth schrieb unter Berufung auf israelische Militärs, dass die neue Militärdoktrin Israels, die derzeit in Syrien ernsthaft umgesetzt wird, auf drei Sicherheitsringen basiert.
Wir beschäftigen uns hier mit dem ersten Ring, der „große Militärstützpunkte und die Vertiefung der Trennung zwischen den beiden Ländern durch ein künstliches Tal“ umfasst. Die praktische Umsetzung davon scheint die künstliche Mauer zu sein, von der wir sprechen.
Bewältigungsstrategie
Die Drusenmauer, der „David-Korridor“ und die Vorbereitungen zur Schaffung separatistischer Regime sind Israels erklärte Instrumente zur Umsetzung seiner Strategie der Spaltung Syriens. Es ist klar, dass dieses Projekt, das jahrzehntelang in den Schubladen des israelischen Mossad verstaubte, nun auf dem Tisch liegt und durch operative Mittel unterstützt wird, um seine Umsetzung vor Ort sicherzustellen .
Dies erfordert, dass das Regime in Damaskus eine Gegenstrategie entwickelt. Angesichts des erheblichen Machtungleichgewichts muss diese nicht unbedingt militärischer Natur sein. Vielmehr sollte sie auf einer Neustrukturierung der Innenpolitik beruhen und die Maßnahmen des Regimes – insbesondere die Konferenz des Nationalen Dialogs und die Verfassungserklärung – rückgängig machen, die nichts weiter als schlecht ausgeführte, absurde Spektakel waren.
Was heute notwendig ist, ist eine Ausweitung des Dialogs und die Verabschiedung einer Verfassungserklärung, die die aktuelle Realität Syriens berücksichtigt und die Beteiligung eines möglichst breiten Spektrums der Syrer gewährleistet. Darüber hinaus ist die Unterstützung aller Teile der syrischen Nationalkräfte erforderlich, damit diese ein vereintes Syrien gegen separatistische Stimmen verteidigen können, bevor der von Israel angestrebte Desintegrationsprozess die Grenzen Syriens überschreitet.
Übersetzt ins Persische von Mitra Farhadi
Übertragen vom Persischen ins Deutsche von Mitra Farhadi
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