IQNA

Algerischer Experte im Interview mit IQNA:

Druck auf französische Muslime ist Instrument im Dienste politischer Ziele + Film

22:57 - March 02, 2022
Nachrichten-ID: 3005637
Teheran (IQNA)- Abdennour Toumi, algerischer Experte für nordafrikanische und französische Angelegenheiten beschrieb das Vorgehen der französischen Regierung gegen Muslime als „rassisch, religiös und politisch“ und als ein Mittel, um Popularität zu erlangen und Stimmen von den Politikern des Landes zu gewinnen.

Die französische Regierung erhöhte in den letzten Monaten den Druck auf Muslime. Da die Präsidentschaftswahlen 2022 am 10. April 2022 näherrücken, verwenden einige rechtsextreme Kandidaten den islamfeindlichen Ton expliziter, um in ihren Kampagnen Stimmen zu gewinnen. Um die Situation weiter zu erörtern, sprach IQNA mit Abdennour Toumi, einem Experten des ORSAM Center for Middle East Studies, einer Denkfabrik mit Sitz in Ankara, Türkei.

Abdennour Toumi ist Journalist und Spezialist für Nordafrikastudien, der an der Universität Toulouse, Frankreich,in Politikwissenschaft promovierte. Seine Artikel wurden in vielen Medien veröffentlicht, darunter Daily Sabah, BBC und TRT World. Er lehrte auch am Department of Middle East and North Africa am Portland Community College und ist Mitglied des Center for Middle East Studies an der Portland State University. Seine Forschung konzentriert sich auf Themen wie die soziopolitischen Entwicklungen in Nordafrika, Rolle der Türkei in der Region und Probleme von Einwanderern in Frankreich.

 

Geschichte der Islamophobie in Frankreich

"Ich denke das ist eine einfache aber komplexe Frage", sagte er zu Beginn über die Ursache einer neuen Druckwelle der französischen Regierung auf Muslime im Land, die sich in der Schließung einiger Moscheen und dem Verbot des Hijab manifestierte. „Meiner Meinung nach ist das Thema Muslime in Frankreich kein neues Thema aber es veränderte sich in den letzten drei Jahrzehnten. Wenn man diesem Thema folgt, sieht man, dass das Thema Hijab  1989 begann; als drei marokkanische Gymnasiastinnen in Frankreich mit Kopftuch zur Schule gingen. Damals war das Verhältnis zwischen Muslimen und Einwanderern und der französischen Regierung insbesondere der damaligen rechtsextremen Partei Front National (die sich inzwischen in Rassemblement National umbenannt hat) und ihrem Vorsitzenden Jean-Marie Le Pen, Vater der derzeitigen Vorsitzenden Marin Le Pen war eine Partei,die sich von einer Rassenfrage zu einer religiösen Frage wandelte.

„Vor 1989 waren Einwanderer, Muslime, Araber und insbesondere Algerier von den 1960er und 1970er bis Mitte der 1980er Jahre ein wirtschaftliches und soziales Problem für die französische Gesellschaft“, sagte Abdennour Toumi. „Aber nach 1989 hat sich die Frage nach dem Verhältnis zwischen Einwanderern, Politikern und der französischen Gesellschaft völlig verändert, weil Politiker nichts zu bieten hatten. Einwanderer und Muslime waren daher leichte Ziele für ihre Angriffe. Auch geopolitische Faktoren wie die Anschläge vom 11. September spielten eine Rolle und beeinflussten das ganze Thema. Aber in jüngerer Zeit, vor 12 Jahren, während Sarkozys Präsidentschaft im Jahr 2008, verband er die französische nationale Identität mit der Frage der Einwanderer.“

Er fuhr fort, dass das Problem der Islamophobie in Frankreich mit Rassismus in Verbindung gebracht werden könnte. Dieses Problem wandelte sich in den letzten Jahren von einem rassistischen zu religiösen Aspekt. Heute sprechen wir über Muslime aber vor ein paar Jahren ging es um Araber.

„Die rechtsextreme, fremdenfeindliche und rassistische Rechtspartei von Eric Zemour hetzt durch die Frustrationen der französischen Weißen, die normalerweise konservativ sind“, sagte er.

 

Hijab nicht Hauptproblem

Zur umstrittenen Frage des Hijab in Frankreich betonte Toumi: „Das Hauptthema ist nicht der Hijab sondern der Islam. Es besteht ein politischer Konsens unter französischen Politikern, Institutionen und Medien zum Thema Hijab. Aber meiner Meinung nach ist das Hauptproblem nicht der Hijab sondern der Islam, denn Politiker und Medien sind paranoid gegenüber dem, was sie radikalen politischen Islam nennen. Sie sind der Meinung, dass dieser symbolische Schleier die Prinzipien des Säkularismus (Trennung von Religion und Politik) in Frage stellt, obwohl der Säkularismus scheinbar Minderheiten unterstützt.“

 

Code
 

„Leider üben französische Politiker mit stillschweigender oder ausdrücklicher und direkter Hilfe einiger arabischer und muslimischer Länder diesen Druck auf Muslime aus“, fügte Toumi hinzu. „Die arabischen Länder helfen nicht gut, ergreifen nicht einmal Maßnahmen für Muslime in Frankreich indem das Thema Islamophobie und Rassismus nicht angesprochen wird.“

Er forderte auch die muslimische Gemeinschaft auf, zusammenzukommen, um nach einem Modell wie der United States Muslim Rights Organization (CAIR) zu suchen, die in den Vereinigten Staaten tätig ist. Außerdem müssen Muslime, insbesondere die Jugend wählen gehen wenn sie wollen, dass ihre Stimmen gehört werden.

 

4035242

captcha