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Schriftsteller: keine einheitliche internationale Aktion zur Lösung des Konflikts in Palästina erwartet

10:22 - April 29, 2023
Nachrichten-ID: 3008225
TEHERAN (IQNA) – Ein niederländischer Schriftsteller und Aktivist sagt, dass es keine einheitliche oder starke internationale Aktion geben wird, um den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu beenden.

Joost R. Hiltermann hatte IQNA in einem Interview gesagt: „Wir leben in einer multipolaren, auf Nachkriegsregeln basierten Welt, deren Regeln zusammenbrechen. Dies heißt, dass wir keine einheitliche oder starke Aktion sehen, die dazu tauglich wäre, einen gerechten Frieden für den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu bringen.“

Hiltermann ist der MENA-Programmdirektor der Internationalen Krisengruppe. Zuvor war er ihr Hauptgeschäftsführer gewesen.

Hier ist der volle Text des Interviews:

 

IQNA: Während der letzten Wochen hatten wir wachsende Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern gesehen. Was ist der Grund für diesen beispiellosen Anstieg der Spannungen, vor allem während des Monats Ramadan?

Hiltermann: Es ist nicht beispiellos. Es war schon viele Male zuvor passiert. So etwas war schon 2021 passiert, und die Gewalt war noch viel schlimmer gewesen. Der Zusammenfall von Ramadan und Passah hilft nicht, da die heiligen Stätten und Juden in Jerusalem miteinander verwoben sind.

IQNA: Einige glauben, dass die Fortsetzung der Spannungen und der Siedlungsbau durch Tel Aviv den Misserfolg der Zwei-Staaten-Lösung bestätigen. Was halten Sie davon?

Hiltermann: Das Siedlungsunternehmen Israels und dessen Ausweitung auf die Infrastruktur sowie behördliche Kontrolle und gesetzliche Versehen hinsichtlich der besetzten Territorien, wobei gleichzeitig die Macht der Palästinensischen Behörden unterlaufen wird, machen die Umsetzung einer Zwei-Staateten-Lösung zunehmend schwieriger. Viele Leute sagen, dass dies schon jetzt unmöglich sei. (z.Bsp. hier – Link)

IQNA: Inwieweit stehen diese Spannungen mit den kürzlichen kontroversen judikalen Überarbeitungen in Verbindung?

Hiltermann: Alles steht irgendwie mit dem allgemeinen Konflikt in Verbindung, aber das vor kurzem geschehen Auflodern der Spannungen ist hauptsächlich das Produkt der letzten Ereignisse an der al-Aqsa-Moschee und die Antwort darauf von den Gruppen wie Hamas und Hisbollah im Libanon. Natürlich handelt es sich bei den Hauptanwälten der Gesetzesreform in Israel um exakt die Leute, welche die Palästinenser aus Jerusalem und anderen Teilen Palästinas vertreiben wollen. Aber jegliche Arttacke auf Israel in der jetzigen Situation könnte dazu dienen, dass Isreal zu einem Zeitpunkt, zu dem es zutiefst zerstritten ist, wieder vereint wird. Deshalb war vor allem die Hamas mit ihrer Antwort hinsichtlich al-Aqsa sehr vorsichtig gewesen.

IQNA: Die Politik von Netanjahus Kabinett kann die Palästinenser in den dritten Aufstand führen. Wie sehen Sie das?

Hiltermann: In diesen Tagen sprechen die Leute gerne über einen dritten Aufstand, als ob dieser nicht zu verhindern wäre. Aber sie vergessen, dass man für einen Volksaufstand nicht nur einen Auslöser (von denen es viele gibt, fast täglich) braucht, sondern auch eine Struktur, um die Handlungen des Volkes zu stützen. Dies hatten wir während des ersten Aufstands (die örtliche mit der PLO in Verbindung stehende Führung in den besetzten Gebieten) und auch während des zweiten Aufstands (PLO und Hamas, jede auf ihre Weise). Im Moment gibt es keine vereinte palästinensische Führung, die der Wut des Volkes eine Struktur geben könnte. Ich denke, dass wir deswegen eher einen kontinuierlichen, aber fragmentarischen Widerstand gegen die Opposition sehen.

IQNA: Einige Experten glauben, dass die fehlenden Wahlen in Palästina nach 2006 zu den Gründen gehört, warum die Israelis den Druck auf die Palästinenser erhöht. Was halten Sie davon?

Hiltermann: Wenn diese Experten meinen, dass Israel aufgrund der Tatsache, dass die Palästinensischen Behörden wegen schlechter Führung und der Unfähigkeit der Palästinenser, die Palästinensischen Behörden durch eine Wahl zu ersetzen, erfolgreicher sein kann, dann lautet die Antwort „ja“. Aber Hamas fährt nicht besser.

IQNA: Welche Maßnahmen sollten Ihrer Meinung nach von der Internationalen Gemeinschaft unternommen werden, um die Situation in Palästina zu ändern?

Hiltermann: Es gibt so etwas wie die „Internationale Gemeinschaft“ nicht. Wir leben in einer multipolaren, auf Nachkriegsregeln basierten Welt, deren Regeln zusammenbrechen. Dies heißt, dass wir keine einheitliche oder starke Aktion sehen, die dazu tauglich wäre, einen gerechten Frieden für den Konflikt zwischen Israel und Palästina zu bringen. Israel schlägt einen Vorteil aus dieser Realität, indem es sein Siedlungsunternehmen vorantreibt und mit den arabischen Staaten am Golf unter Rücksichtnahme auf den Konflikt bilaterale Verträge abschließt. Die Palästinenser gehen jedoch nicht weg, und sie werden weiterhin sich gegen die Ungerechtigkeiten, denen sie jeden Tag begegnen, mit allen verfügbaren Quellen stellen. Frieden in Form einer gerechten und anhaltenden Lösung ist weit entfernt.

 

Das Interview führte Mohammad Hassan Goodarzi.

Die Ansichten und Meinungen, die in diesem Interview ausgeführt wurden, sind einzig die des Interviewten und geben nicht unbedingt die Ansicht der Internationalen Korannachrichtenagentur wider.

 

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