In der jüngsten Ausgabe der RTL-Quizsendung Wer wird Millionär? kam es zu einer bemerkenswerten Szene. Eine muslimische Frau aus dem Publikum half einem Kandidaten bei der Beantwortung einer Frage zum Grundgesetz. Souverän erklärte die Volljuristin, dass Artikel 4 die Glaubens- und Gewissensfreiheit schützt – und wählte damit die richtige Antwort. Erst nach der richtigen Antwort fragte Moderator Günther Jauch nach,ob sie Anwältin, Richterin oder Staatsanwältin sei.
Eine Volljuristin ist eine Person, die beide juristischen Staatsexamina abgeschlossen hat und damit grundsätzlich die Befähigung besitzt, als Richterin, Staatsanwältin oder Rechtsanwältin zu arbeiten. Doch in Nordrhein-Westfalen ist das für Frauen mit Kopftuch kaum möglich. Das dort seit 2021 geltende Justizneutralitätsgesetz verbietet Richtern, Staatsanwälten und ehrenamtlichen Richtern das Tragen religiöser Symbole im Gerichtssaal – darunter auch das muslimische Kopftuch.
Viele hochqualifizierte Juristinnen finden deshalb nur außerhalb des Gerichtssaals berufliche Perspektiven – etwa in der Verwaltung oder in nachgeordneten Behörden. Wie weit diese Regelung reicht, zeigt der Fall einer ehrenamtlichen Richterin aus Dortmund, die 2023 wegen ihres Kopftuchs von der Schöffenliste gestrichen wurde. Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts Dortmund und sah im Kopftuch einen Verstoß gegen die Pflicht zur weltanschaulichen Neutralität.
Die junge Frau hat gegen die Entscheidung Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Dort wird nun geprüft, ob das nordrhein-westfälische Gesetz mit der im Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit vereinbar ist – und ob das Kopftuch im Gerichtssaal künftig ausgeschlossen bleibt oder nicht.
Juristen gegen Kopftuchverbot in der Justiz
Auch der deutsche Juristenband e.V. forderte im Mai dieses Jahres die Aufhebung des Kopftuchsverbots. In einem dazu veröffentlichten Policy Paper sowie einem FAQ fordert der Verband Bund und Länder dazu auf, einen diskriminierungsfreien Zugang für Muslimezu allen Tätigkeitsfeldern innerhalb der Justiz sicherzustellen, auf den Erlass neuer Verbotsregelungen zu verzichten und bestehende Regelungen aufzuheben „Gesetzliche Regelungen, die einige Frauen von Ausbildung und beruflichen Chancen ausschließen, widersprechen grundlegenden Gleichstellungsprinzipien“, betont Ursula Matthiessen-Kreuder, Präsidentin des djb in der Mitteilung.
islamiq.de