IQNA

Ein Aufruf zur Einheit am Geburtstag des Propheten Muhammad (s.)

10:52 - November 03, 2020
Nachrichten-ID: 3003321
Teheran (IQNA)- Heute endet die Islamische Einheitswoche, die zu Ehren der Geburt unseres Propheten (s.) zelebriert wird. In diesen so wichtigen Tagen sollte jeder von uns nochmal darüber nachdenken, warum wir Muslime immer noch so schwach sind, wie wir es heute sind.

Ein Beitrag von Hadi Awad

 

Es sind besondere Tage, die gerade an uns vorbeiziehen. Es sind die Tage des Propheten Muhammad (s.). Nach islamischen Quellen erblickte die Welt in diesen Tagen das Licht von Muhammad (s.), des reinsten und besten Menschen aller Zeiten. Doch während sunnitische Überlieferungen seine Geburt auf den 12. Rabi-ul-Awwal datieren, führen schiitische Quellen den 17. desselben Monats als seinen Geburtstag an. Die Zeitspanne zwischen diesen beiden Daten wird seit dem Ausruf von Imam Chomeini (r.) bei vielen Muslimen als Woche der Islamischen Einheit gefeiert. Mit dieser Entscheidung setzte Imam Chomeini (r.) ein Zeichen gegen die Spalter und Zwietrachtsäer in und außerhalb der Islamischen Welt. Gleichzeitig forderte er die Muslime auf, sich für den muslimischen Zusammenhalt einzusetzen und dem Feind keine Gelegenheit zu geben, Schiiten und Sunniten auseinanderzutreiben.

Seitdem sind über dreißig Jahre vergangen. Trotzdem finden wir heute noch immer Muslime, die glauben, sie müssten der anderen Gruppe aus dem Weg gehen und nur unter sich bleiben. Einige gehen sogar noch einen Schritt weiter, wenn sie meinen, sie müssten die jeweils andere Seite zum Feind erklären. In Deutschland, wo die Muslime eine Minderheit darstellen, hat diese falsche und spalterische Denkweise weitreichende Spuren hinterlassen. Sie ist mehr noch der wesentliche Grund, warum die deutschen Muslime heute gesellschaftlich zu den schwächsten Minderheiten zählen, obwohl sie gemäß der Anzahl ihrer Mitglieder die größte darstellen.

Was Imam Chomeini (r.) in seiner noblen Weitsicht vor Jahrzehnten erkannte – nämlich, dass die Muslime nur so stark sind, wie sie zusammenhalten –, haben die Muslime in Deutschland bis heute nicht begriffen. Immer noch geht jede muslimische Gruppe ihren eigenen Weg. Dass sich der eigene Kurs negativ auf das islamische Gemeinwohl auswirken könnte, spielt dabei nur selten eine Rolle.

Inzwischen haben sich auch innerhalb der sunnitischen und schiitischen Gemeinden Spaltungen aufgetan, die sich längst nicht nur entlang religiöser Unterschiede vollziehen. Immer häufiger sind es heute nationale, kulturelle und politische Unterschiede, die von Moscheen aller Strömungen aufgebracht werden, um ihren Alleingang zu rechtfertigen. Im Ergebnis sehen wir viele einzelne Splittergruppen, die alle dem Islam angehören, und dennoch unterschiedliche Wege einschlagen. Bisweilen widersprechen sie sich in ihren Aussagen und Handlungen so stark, dass manch ein Nichtmuslim sich verwirrt fragt, wie sie alle ein und derselben Religion angehören können.

Welche Folgen das hat, wenn sunnitische und schiitische Vereinigungen, wenn türkische, persische und arabische Moscheen oder Dachverbände nur an sich selbst denken, zeigt das aktuelle Beispiel des Islamischen Zentrums Hamburg (kurz: IZH). Dieses Zentrum gehört seit seiner Gründung zu den wichtigsten und einflussreichsten muslimischen Zentren im deutschsprachigen Raum, für viele Schiiten bildet das Zentrum mehr noch die wichtigste Anlaufstelle für religiöse Fragen in ganz Europa.

Umso erstaunlicher ist es, mit welcher Schweigsamkeit die Masse der Muslime den seit Monaten anlaufenden medialen Beschuss gegen das IZH hinnehmen. Die Hetzkampagne gegen das IZH ist inzwischen so weit vorangeschritten, dass einige im Dienst des Zionismus stehende Politiker öffentlich mit der Schließung drohen, während kaum eine muslimische Vereinigung von schiitischer oder sunnitischer Seite sich verantwortlich fühlt, dagegen vorzugehen. Das zeigt, wie schwach der muslimische Einheitsgedanke bisher bei uns ausgeprägt ist. Uns Muslimen fehlt es an einer Haltung; einer Haltung der Unterstützung. Eine, die uns brennen lässt, wenn Muslime – gleich welcher Rechtschule – wieder zu Unrecht attackiert werden.

Dabei war es kein anderer als der Prophet Muhammad (s.), der 1400 Jahre vor Imam Chomeini (r.) die Muslime zur Einheit verpflichtete, als er erklärte: Die islamische Gemeinschaft gleicht einem einzigen Körper. Wenn ein Glied leidet, so leidet der ganze Körper. Mit diesem und ähnlichen Aussprüchen festigte der Prophet Muhammad (s.) den muslimischen Zusammenhalt und etablierte eine neue Kultur in das muslimische Bewusstsein: eine Kultur der gemeinschaftlichen Verantwortung.

Es war jener feste Zusammenschluss, der den Muslimen in den Anfangsjahren des Islam und Jahrzehnte nach dem Ableben des Propheten Stärke verlieh. Eine Stärke, die in den Jahrhunderten immer weiter verloren ging, weil ein Großteil der Muslime lieber seine Zeit damit verschwendete, auf den Unterschieden herumzukauen, statt die wichtiger und schwerer wiegenden Gemeinsamkeiten hervorzuheben. Bis heute macht sich der Feind diese Schwäche zu Nutze, wenn er danach strebt, uns nach erfolgreicher Spaltung einzeln anzugreifen – ohne dass er Gegenwehr befürchten muss.

Unser gegenseitiges Misstrauen hat uns inzwischen soweit abgestumpft, dass wir kein Mitgefühl mehr mit den Gliedern unseres eigenen muslimischen Körpers empfinden. Es hat uns unsere Verantwortung vergessen lassen, zu der uns Gott verpflichtet hat: Die Verantwortung des Aufopferns und Einsatzes für die muslimischen Belange, die zu jeder Zeit und an jedem Ort Gültigkeit hat. Und so kommt es, dass Moscheen heute zu Unrecht gestürmt und entwürdigt oder große islamische Zentren über Monate medial verunglimpft werden können, ohne dass Muslime gemeinsam dagegen vorgehen.

Wie aber wäre es um uns bestellt, wenn wir nach jeder Moscheestürmung alle laut protestierten? Wie wäre es, wenn wir die E-Mail-Postfächer bestimmter Zeitungen nach einem erneuten Hetzartikel mit Beschwerdemails überfluteten? Wie stünde es um uns, wenn wir die Drohungen, bestimmte Moscheen schließen zu wollen, mit Solidaritätsbekundungen entgegnen und den entsprechenden Politikern über allen möglichen Kanälen unseren Widerwillen entgegenbringen? Wer hätte dann noch den Mut, uns Muslime anzugreifen?

Unsere Gegner können jeden Einzelnen von uns attackieren. Niemals aber können sie uns alle gemeinsam ausschalten. Die Idee des muslimischen Körpers ist die Idee des Einzelnen in der Einheit. Diese Einheit lässt uns groß und stark werden, sie schützt uns vor den Angriffen unserer Feinde.

Mit der Einheitswoche hat Imam Chomeini (r.) die Einheitsidee des Propheten (s.) wiederbelebt und zurück ins Bewusstsein der Muslime gepflanzt. Wir, die Muslime in Deutschland, haben diesem Gedanken über Jahrzehnte keine Beachtung geschenkt. Wir haben uns mehr noch gegen ihn gestellt. Freilich können wir die Vergangenheit nicht zurückdrehen. Was wir aber tun können: Aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und es heute und morgen besser machen.

In wenigen Tagen endet die Unterschriftenaktion gegen das geplante Verbot der Imam-Ali-Moschee in Hamburg. Mit deiner Stimme, deinem Aufruf und deinem Einsatz für die Aktion kannst du den Propheten (s.) in seiner Geburtstagswoche stolz machen. Du kannst ihm zeigen, dass dir die Gotteshäuser, in denen sein Name hochgehalten wird, etwas bedeuten, indem du dich für sie einsetzt.

Wir gratulieren am Ende allen Muslimen zur Geburt des Propheten der Gnade aller Welten. Möge sein Segen jeden Tag aufs Neue auf uns herniederfallen. Und mögen wir stets bemüht sein, uns mit seinen noblen Charaktereigenschaften auszuschmücken, denn er ist das beste Vorbild. Ein Vorbild von großartiger Wesensart, wie ihn der Quran beschreibt, den Gott uns entsandt hat, damit er die gute Moral in uns vervollkommnet.

 

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