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Akademiker: USA und Israel von iranisch-saudischer Annäherung überrascht

22:32 - March 13, 2023
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TEHERAN (IQNA) – Ein in Britannien lebender Professor sagt, dass Washington und Tel Aviv überrascht gewesen seien, nachdem Teheran und Riad ihre Wiederaufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen bekanntgegeben hatten.

Nach monatelangen Verhandlungen im Irak sowie tagelangen intensiven Gesprächen, die durch China vermittelt worden waren, hatten sich die beiden muslimischen Länder dazu bereit erklärt, Verbindungen zueinander wieder aufzunehmen und ihre Botschaften wieder zu öffnen. Die Annäherung erfolgt, nachdem die beiden Staaten sieben Jahre wegen einiger Probleme voneinander getrennt worden waren.

Um die Entwicklung und ihre regionale Wirkung zu diskutieren, hat IQNA mit Stephen Chan, einem Professor für Weltpolitik und internationale Beziehungen an der SOAS der Universität von London gesprochen. Er hat einige Bücher über internationale Beziehungen veröffentlicht, sowie Artikel und Rezensionen in der akademischen und spezialisierten Presse und einige Artikel jouranlistischen Charakters veröffentlicht.

Hier ist der volle Text des Interviews:

 

IQNA: Welches sind, Ihrer Meinung nach, die Auswirkungen der Entspannungen zwischen Teheran und Riad auf den Mittleren Osten und vor allem auf den Krieg im Jemen?

Chan: Dieser diplomatische Durchbruch wird auf die ganze Region Auswirkungen haben, nicht nur wegen der diplomatischen Wiederbelebung, sondern zu was eine solche Wiederbelebung führen kann.

Nichtsdestoweniger sollte nichts als automatisch angenommen werden. In den Krieg im Jemen sind, zum Beispiel, zwei Seiten einbezogen, die  nicht einfach als Kunden gesehen werden dürfen. Sie haben starke Agendas und ihre eigenen Gründe. Obwohl es jetzt eine Möglichkeit für Verhandlungen gibt, werden die Verhandlungen sich verzögern und schwierig sein.

 

IQNA: Was, denken Sie, ist das größte Hindernis im Jemen?

Chan: Beide Seiten im Jemen sind gut gerüstet. Keine der beiden Seiten will auf dem Schlachtfeld ihren Erfolg aufgeben, sie denken, dass sie gewonnen hätten. Es wird nötig sein, eine friedenerhaltende und beobachtende Kraft einzusetzen, und es ist wirklich schwierig festustellen, welche Länder als ausreichend neutral gewertet werden können, um friedenbewahrende Soldaten zu stellen. Und es müssten höchst kriegstaugliche Soldaten sein, da jeder vereinbarte Waffenstillstand zusammenbrechen kann und, wenn nicht etwas anderes, eine Friedenseinheit in einen ernsthaften Schusswechsel geraten kann.

 

IQNA: Welche Auswirkung, denken Sie, hat diese Normalisierung der Beziehungen zwischen Teheran und Riad auf den Einfluss der USA und Israels im Mittleren Osten?

Chan: Die USA und Israel waren überrascht. Israel hatte sich darauf verlassen, dass die saudische Feindschaft gegen den Iran fortgesetzt werden würde. Vor allem möchte Israel keinen Iran, der mächtig genug ist, einen effektiven Kräfteausgleich mit Israel zu errichten. Die Saudis wissen, dass sie Israel mit ihrer Feindschaft gegen den Iran geholfen hatten. Die ganzen Berechnungen, die auf dieser Feindschaft basieren, müssen jetzt neu errechnet werden.

Bezüglich der USA, die USA konnten sich niemals vorstellen, dass die Chinesen einen solchen Durchbruch erreichen könnten. Dies etabliert China als einen diplomatischen Akteur in einem Mittleren Osten, der China als einen bedeutsamen Akteur ausgegrenzt hatte. Und, ziemlich weit davon entfernt, ein Eintrittspunkt für China zu sein, wären die USA von dem hohen Maß an Diplomatie, das China angewandt hatte, überrascht gewesen.

 

IQNA: Kann man sagen, dass diese Annäherung ein Zeichen für Israels Versagen mit der Normalisierung der Beziehungen mit Riad ist?

Chan: Israel hatte auf Saudi-Arabien wie auf ein Pony, das nur einen Trick kennt, geschaut – nur als einen brauchbaren Verbündeten gegen den Iran. Israel hatte niemals die weiteren vielfältigen Agendas der internationalen Beziehungen Saudiarabeins geschätzt. Daher hatte Israel Saudi-Arabien nicht mehr als nötig den Hof gemacht. Tel Aviv sieht auf die Welt nur durch seine eigene Linse des Selbstinteresses.

 

IQNA: Welchen Effekt wird das Übereinkommen auf das Gleichgewicht der Kräfte im Mittleren Osten haben?

Chan: Qatar wird als diplomatischer Kanal zwischen sunnitischen und schiitischen Interessen weniger wichtig, da die diplomatischen Kanäle jetzt direkt sind- wenn auch nicht problemlos.

Der große Wechsel in der Kräftebalance wird in Israels Berechnungen sein. Aber es wird wahrscheinlich auch eine Auswirkung auf Ägyptens Herangehensweise an die Hamas haben. Generell sind jetzt viele Bälle auf den Spielplan geworfen worden.

IQNA: Einige glauben, dass diese Aktion ein Vorspiel zu wichtigeren Ereignissen im Mittleren Osten seien. Was, denken Sie, wird das nächste einflussreiche Ereignis in dieser Region sein?

Chan: Was exakt passieren wird, kann jetzt noch nicht vorhergesagt werden. Das Maü an Botschaftern, die jede Seite senden wird, wird wichtig sein. Sie werden aus den höchsten Rängen ihrer Regierungen genommen werden müssen. Aber es wird den Iran dazu befähigen, ein voller Teilnehmer in der MENA- Region und vielleicht in südlichen Nordafrika zu sein.

Das Potenzial ist so, dass wir auf einen Schlag auf die Realisation einer Transformation der Kräfteausrichtung sehen, welche die Welt im Großen betreffen wird. Napoleon sagte, dass sich die Welt in Acht nehmen sollte, wenn China erwache. Es ist der Iran, dem es jetzt wohl erlaubt sein wird, sich in die Wachsamkeit zu strecken. Dies wird von seiten der iranischen Regierung ein sehr vorsichtiges Handeln erfordern, vor allem darin, wie sich das Land der Welt repräsentiert.

 

Das Interview führte Mohammad Hassan Goodarzi.

 

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