Laut IQNA unter Berufung auf Guardian diskutierte diese englische Zeitung in einem Bericht die Konsequenzen und Probleme nach der Ermordung der Französin Nahel Marzouq und schrieb: „Nur mehr als eine Woche nach Beginn der Unruhen an Dutzenden Orten in ganz Frankreich kam es zu Unruhen. Die Lage in Montmorency, einem wohlhabenden Vorort von Paris unweit der Banlieue von Nanterre (wo Nahel Marzouq getötet wurde) hat sich beruhigt.
Beatrice (37 Jahre), die sich im Mutterschaftsurlaub befindet sagte, dass in den ersten beiden Nächten nach dem Mord es in ihrer Nachbarschaft ruhig gewesen sei, obwohl Sirenen und Explosionen zu hören waren.
Sie fuhr fort: Später weiteten sich die Unruhen auch hier aus, Autos wurden in Brand gesteckt und Geschäfte geplündert. Es war wie ein Pulverladen. Demonstranten zündeten einen Teil eines Einkaufszentrums an. Wir liegen direkt an der Ecke Epinay-sur-Seine und Saint-Denis. Wir trafen Vorkehrungen und installierten zusätzliche Überwachungskameras, damit wir uns bei einer Eskalation der Situation zumindest sicher fühlen.
Diese Französin erklärte: „Wir blieben die ganze Woche zu Hause und verlassen das Haus nie nach 18 Uhr. Grundsätzlich rechnen wir mit allerlei Zufällen bis es Neuigkeiten (zu dem Fall) gibt. Es scheint nicht so als ist die Geschichte vorbei.“
Der französische Präsident Emmanuel Macron bezeichnete in einer seltenen Kritik an der Strafverfolgung die Ermordung dieses Teenagers durch die Polizei als ungerechtfertigt.
Ein Staatsanwalt gab letzte Woche bekannt dass der Beamte, der den Teenager erschoss, offiziell wegen Totschlags angeklagt wird. Außerdem wurde eine umstrittene Kampagne zur Unterstützung des Polizisten gestartet. Nach Erhalt von 1,6 Mio. € wurde die Finanzierung abgeschlossen.
Béatrice sagt, das Land sei zutiefst gespalten, ebenso wie viele andere, die dem Aufruf des Guardian folgten und die Franzosen fragten, wie sie die Unruhen erlebten und die Antworten zeigen wie polarisiert die französischen Ansichten geworden sind.
Feindschaft und Zweizüngigkeit
In Gegenden, in denen rassistische Franzosen leben, gibt es ständigen Groll und Feindseligkeit gegenüber Einwanderer sowie viel asoziales Verhalten. Menschen, die für Jean-Luc Mélenchon (linken politischen Führer) stimmten sagen, dass es in Frankreich strukturelle Ungleichheit gebe und der Mord an Nahil Marzouqi sei der jüngste.
Béatrice stimmt der Ansicht zu, dass die Unruhen die rechtsextremen politischen Elemente Frankreichs ermutigen: „Ich glaube nicht, dass diese Jungs der Teil sind der wählt: Sie interessieren sich nicht für Politik und denken nicht über die politischen Konsequenzen nach. Ich denke es war die Tatsache, dass sie sich in Nahel wiedererkennen konnten und das hat sie motiviert.“
Thibault, ein Mittelschullehrer aus Straßburg, fühlt sich angesichts der Protestwelle zerrissen kann, aber mit den jungen Rebellen sympathisieren.
Er sagt: Wir leben in der Nähe einer schwer zugänglichen Gegend in der es drei Nächte lang zu Unruhen kam. Bis spät in die Nacht hörten wir Schüsse und ein Hubschrauber war im Einsatz. Meine Frau stand mehrmals auf um zu sehen ob aus dem geparkten Auto Rauch aufstieg.
„Ich kann die Gewalt nicht rechtfertigen und denke dass die Folgen dieser Gewalt auch sehr kontraproduktiv sind, weil sie nur den Demonstranten und ihren Gemeinschaften schaden“, sagte Thibaud. „Aber ich kann verstehen warum sie in diesen Vierteln insbesondere Jugendliche so wütend sind. Das Vertrauen ist verloren und die Situation verschlechterete sich in den letzten Jahren.“
Thibault sagt, dass die meisten seiner Schüler Nachkommen von Einwanderern oder selbst Einwanderer sind und stellt klar: Wenn ich ihnen etwas über Gerechtigkeit beibringe höre ich ihren Unglauben. Sie glauben nicht mehr an die französische Justiz. Die meisten von ihnen glauben dass es eine doppelzüngige Gerechtigkeit gibt: Sanft für Reiche und Mächtige und hart für Arme und solche die nicht französisch genug sind. Vielleicht denken sie dass dieser Gewaltausbruch der einzige Weg ist Gerechtigkeit zu erreichen und ihren Stimmen Gehör zu verschaffen.
Brutalität der Polizei übertrieben
Munya, die Mutter von Nahel Marzouq, sagte in einem Interview mit dem Fernsehsender France 5: „Ich gebe nicht der Polizei die Schuld sondern der Person die meinem Sohn das Leben nahm.“
Doch viele Franzosen glauben, dass die Brutalität der Polizei außer Kontrolle geriet.
Thibault sagt, dass mehrere seiner Schüler wiederholt aufgefordert worden seien beim Erscheinen am Bahnhof einen Ausweis vorzuzeigen.
„Ich wurde noch nie in meinem Leben gefragt, wahrscheinlich weil ich weiß bin und sie nicht“, sagt sie. Ich weiß nicht, warum so viele Politiker immer so tun, als hätte die französische Polizei keine Probleme. Seit den Gelbwesten-Protesten ist die Polizei sehr gewalttätig und nun unberechenbar und anfällig für Angriffe, wenn sie Anzeichen einer Provokation sieht. Ich war schockiert über die neuesten Posts der Polizeigewerkschaften in denen die Randalierer als Schädling und ein Haufen Wilder bezeichnet wurden.“
Jason, ein 40-jähriger Technologieunternehmer aus Paris, sagte: „Es ist schrecklich wenn jemand in dieser Situation stirbt.“ Die Plünderungen und der Vandalismus in Nike-, Metro- und Apple-Läden ließen ihn fragen inwieweit diese Unruhen mit der Forderung nach Gerechtigkeit für Nahel Marzouq zusammenhängen: „Ein Vorfall dieser Art gibt 17-Jährigen in Sportkleidung die Erlaubnis durch die Straßen und Läden zu streifen und zu schlagen und Eigentum zu zertrümmern.“
Lucy, 19, eine Politikwissenschaftsstudentin aus Rennes, sagte auch: „Als weiße Frau, die nicht in den von den Unruhen betroffenen Vororten lebt, war ich nicht persönlich und direkt von den Unruhen betroffen. Allerdings bin ich wirklich schockiert über die Art und Weise wie die Medien den Mord an Nahal und die Unruhen behandeln das ich lieber als Aufstand bezeichne.“
Sie fügte hinzu: „Die Wahrheit ist, dass die Medien, Politiker und die Polizei seit Jahrzehnten schwarze und arabische Jugendliche in den Vororten als wilde und blutrünstige Gangster behandeln. Ich verstehe nicht warum die Menschen die Wut dieser jungen Menschen nicht verstehen. Solange sie denken können wurden sie ständig dämonisiert, gemobbt und körperlich geschlagen.“
„Ein Kind ist tot“, erklärte Lucy. „Die Polizei tötet, die Polizei ist rassistisch und die Politiker wollen es nicht wissen. Das französische Volk ist wütend und das vollkommen zu Recht.“
IQNA