Studentenbewegungen und massive Proteste auf dem Campus großer Universitäten in den USA und anderen westlichen Ländern sind in den letzten Monaten zu Schlagzeilen geworden und stehen im Fokus der Medien weltweit. Diese Proteste lösten eine neue Welle des öffentlichen Bewusstseins gegen die Tragödien in Gaza aus.
Studenten und Akademiker gehörten schon immer zu den führenden Gruppen, die Palästina unterstützten und mittendrin die ausgedehnte und unerbittliche Aggression des zionistischen Militärs gegen das wehrlose Volk Palästinas in den letzten sieben Monaten sowie das Märtyrertum und die Verletzung Tausender unschuldiger Palästinenser löste eine Welle von Protesten unter verschiedenen Studentengruppen an Universitäten in den USA und einigen europäischen Ländern aus, die an ihre Grenzen stießen. Experten sind er Ansicht, dass die Proteste der neuen Studentengeneration in verschiedenen Ländern zeigen, dass sie entschlossen sind Palästina zu unterstützen und dass die Lügen der Mediengiganten die wahrheitssuchende Jugend nicht dazu brachten, die Augen vor den Verbrechen des zionistischen Regimes im Gaza mit Unterstützung der US-Regierung zu verschließen.
In den USA, von Kalifornien bis New York, protestieren Dutzende Universitäten in mehr als 20 Bundesstaaten. Während Zusammenstöße der Polizei mit Demonstranten an der New Yorker Columbia University und der University of California Los Angeles weltweit für Aufsehen sorgen, kommt es auch an anderen Universitäten in Europa, Asien und Lateinamerika zu Demonstrationen und Sitzstreiks. Obwohl die Forderungen der Demonstranten von Universität zu Universität unterschiedlich sind forderte die Mehrheit von ihnen ihre jeweiligen Universitäten auf die derzeitige Zusammenarbeit mit Unternehmen zu beenden, die Israel und den Krieg in Gaza unterstützen.
Fahad Qureshi, Dozent für Kriminologie an der University of Salford/Manchester lehrt seit 2021 an dieser Universität. Zuvor lehrte er als Dozent für Kriminologie und Soziologie an den Universitäten Staffordshire und Christchurch in Canterbury. Als promovierter Soziologe aus Kent konzentriert sich Qureshi in seiner Forschung auf den politischen Islam, Islamophobie und Terrorismusbekämpfung. Er ist außerdem Mitglied der Redaktion des International Journal of Criminology and Sociology und Forschungsdirektor des Ayaan Institute.
Demonstationen von Akademikern; Faktor für globales Bewusstsein
In einem Interview mit IQNA sagte Fahad Qureshi über die Welle akademischer Proteste in Amerika und anderen Ländern der Welt: „Akademische Proteste brechen die Mauern des Schweigens und bewussten Ignoranz der Verbrechen Israels in Gaza und Palästina.“ Er fügte hinzu: „Niemand kann sagen dass er nicht weiß was jeden Tag mit den Palästinensern passiert.“ Seit April finden auf Campusgeländen in den gesamten USA Demonstrationen zur Unterstützung von Gaza statt. Diese von Studenten angeführten Demonstrationen fordern von ihren Universitäten ein breites Spektrum an Aktionen gegen das zionistische Regime! Dazu gehören die offizielle Unterstützung für einen Waffenstillstand in Gaza, Einstellung finanzieller Investitionen in Unternehmen und Waffenlieferanten für Israel sowie Abbruch der akademischen Verbindungen zu israelischen Bildungseinrichtungen.
Er fügte hinzu: Seit dem 18. April, nach der Festnahme von 108 Studenten an der Columbia University setzten mehrere Bildungseinrichtungen Polizeikräfte ein um Protestlager aufzulösen. Laut den neuesten Statistiken der Associated Press führte dies zur Festnahme von mehr als 2.600 Menschen an mehr als 50 Universitätsgeländen im ganzen Land. Diese Demonstrationen finden statt während die Angriffe des zionistischen Regimes auf das belagerte Gaza-Gebiet seit Oktober fast 38.000 Palästinenser tötee von denen die meisten Frauen und Kinder sind. Diese Aggression vertrieb fast die gesamte Bevölkerung von 2,3 Millionen Menschen in Gaza.
Qureshi sagte über die Bedeutung der Universitätsproteste in den USA und an anderen Orten für die Sensibilisierung für die Palästinenserfrage und die Verbrechen des israelischen Besatzungsregimes: „Die weltweiten Demonstrationen auf Universitätsgeländen gegen den Völkermord in Palästina spielten eine sehr wichtige Rolle bei der Sensibilisierung für das Thema Palästina und Lage in Gaza. Die absichtliche Schaffung einer Hungersnot in Gaza ist zu einer konkreten und alltäglichen Realität geworden! Die Nachrichten aus Gaza erregten weltweite Medienaufmerksamkeit und inspirierten Studenten ihre Stimme zu erheben und gegen den Völkermord in Gaza zu protestieren. Diese Studenten tun zwei Dinge: 1) Sie zeigen ihren Institutionen dass der Völkermord nicht stillschweigend oder ohne Rechenschaftspflicht weitergehen wird. 2) Druck auf Institutionen, die Boykott-, Desinvestitions- und Sanktionskampagne (BDS) gegen Israel zu unterstützen.
Erfolg von Studentenbewegungen
Er fuhr fort: Die Studentenproteste zeigen jetzt Anzeichen von Erfolg. Nachdem Studenten des Trinity College Dublin auf dem Campus ein Camp zur Unterstützung Palästinas starteten gaben nur fünf Tage später Universitätsbeamte ihren Plan bekannt die Zusammenarbeit mit israelischen Unternehmen einzustellen. Sie kündigten an, dass Trinity sich weigern werde in israelische Unternehmen zu investieren, die in den besetzten palästinensischen Gebieten tätig sind und auf der schwarzen Liste der UN stehen. Trinity wird auch versuchen Investitionen in andere israelische Unternehmen zu vermeiden. Dies ist ein großer Sieg für die Studenten des Trinity College Dublin und zeigt was anderswo auch erreicht werden kann.
Auf die Frage wie wirksam diese Proteste beim internationalen Druck auf Israel sein können den Gaza-Krieg zu beenden antwortete dieser Professor der Salford University: „Ob diese Proteste bei der Beendigung des Völkermords in Gaza erfolgreich sind oder nicht kann nicht entschieden werden, da der Wille großer politische Unterstützung für Israel unter seinen mächtigen Verbündeten borhanden ist. Bei früheren Angriffen auf Gaza in den Jahren 2008 und 2014 übten die USA und EU Druck auf Israel aus seine Angriffe nach einigen Monaten einzustellen, aber dieser Druck ist dieses Mal nicht vorhanden.
Er fuhr fort: Ich denke jedoch, dass die Proteste in einigen Bereichen erfolgreich sein können und das war auch der Fall. Erstens sorgen sie dafür, dass der Völkermord im Gazastreifen in den Schlagzeilen bleibt und andere inspirieren. Zweitens stellen sie wie im Fall des Trinity College Dublin erfolgreich konkrete Forderungen an die Institutionen Israel zu verurteilen und die Zusammenarbeit mit Israel einzustellen. Drittens und vielleicht am wichtigsten reißen sie die Mauer des Schweigens und der bewussten Vernachlässigung von Gaza und Palästina ein, sodass niemand sagen kann, er wisse nicht, was täglich mit dem Volk Palästinas geschieht.
Steigerung des politischen Bewusstseins der neuen Generation
Er fügte hinzu: Diese Proteste sind eine Weigerung während dieses Völkermords zu schweigen. Sie sind gegen die Idee, dass wir schweigen und nicht über Palästina sprechen sollten weil es „kontrovers“ sei! Oder mit der Ausrede, dass wir weil wir „nicht genug darüber wissen“ darauf vertrauen sollten, dass Israel selbstständig handelt und es seine Arbeit machen lässt! Am wichtigsten ist, dass diese Proteste den kraftvollen Slogan der Nachkriegszeit verkörpern, der nach dem Holocaust entstand: „Nie wieder!“
Qureshi fügte hinzu: Die Proteste zeigen, dass die neue Generation sich der palästinensischen Situation bewusster ist und dies kann den Palästinensern langfristig helfen. Palästina nimmt in den Augen der Menschen auf der ganzen Welt einen wichtigen Platz ein. Für viele ist es ein Thema das sie zu politischem Aktivismus weckte! Gerade weil es vor den Augen der Welt in einem Zeitalter des Antirassismus, Menschenrechte, Freiheit und Demokratie geschieht. Daher ist das Bewusstsein für das palästinensische Streben nach Freiheit und Selbstbestimmung in der Welt weithin bekannt. Wie bereits erwähnt gibt es in jedem politischen Kampf für jede Generation Schlüsselmomente, die ihr Bewusstsein stärken und sie an die Bedeutung des Themas erinnern. Der anhaltende Völkermord in Gaza ist ein solches Thema für die aktuelle Studentengeneration.
Dieser Universitätsprofessor fuhr fort: „In den vergangenen Jahren, wie in Professor Norman Finkelsteins Buch mit dem Titel „This Time We Went Too Far: The Truth and Consequences of the Gaza Invasion“ erwähnt, endete Israels 22-tägiger Angriff auf Gaza im Jahr 2008 mit dem Tod von 1.400 Palästinensern! Ein Wendepunkt für viele Menschen, die zuvor entweder neutral gegenüber Israel waren oder Israel unterstützten.
Er fuhr fort: Nach diesem Angriff und nach dem israelischen Angriff auf Gaza im Jahr 2014, bei dem mehr als 2.300 Palästinenser getötet wurden begannen die Menschen sich immer mehr von Israel zu distanzieren und wurden auf das Thema Palästina aufmerksam. Auf jeden Fall wurde Israel auf der Weltbühne immer isolierter und das gilt auch jetzt noch insbesondere seit der Internationale Gerichtshof entschied dass die Möglichkeit eines Völkermords in Gaza besteht.
Heuchelei des Westens durch gewaltsamen Umgang mit Studenten aufdecken
Qureshi sagte über die Tatsache, dass einige US-Universitäten der Polizei erlaubten den Campus zu betreten, um die Demonstranten zu zerstreuen. Im Mittelpunkt der Debatte standen Bedenken hinsichtlich der Meinungsfreiheit sowie die Heuchelei westlicher Institutionen, die pro-palästinensischen Gruppen die Genehmigung verweigerten friedlich gegen den Völkermord im Gazastreifen zu protestieren. Allerdings wirft dies auch ein weiteres wichtiges Problem auf. Dies zeigt deutlich die enge Verbindung zwischen Hochschulbildung und Staatsmacht, die sich in der Konfrontation mit schwer bewaffneten Polizeikräften und dem Einsatz unverhältnismäßiger und schwerer Gewalt gegen friedlich protestierende Studenten und Professoren manifestiert.
Er betonte: Dies zeigt, dass an Hochschulen eine politische und rassistische Atmosphäre herrscht und untergräbt die Vorstellung, dass Universitäten freie akademische Räume seien und Akademiker Redefreiheit für positive gesellschaftliche Veränderungen hätten. Wenn Hochschulen aufgefordert werden Proteste zu beenden tun sie dies oft. Anstatt die höheren Ideale zu unterstützen für die sie respektiert werden stellen sie sich auf die Seite des Establishments und schaden ihren Studenten und Lehrkräften. Damit versuchen sie auch ihre Glaubwürdigkeit vor der Kritik der Demonstranten wegen ihrer Mitschuld am Völkermord zu schützen um durch die Anwerbung künftiger Studierender und die Einwerbung von Fördermitteln Geld zu verdienen.
Auf die Frage welche Rolle Professoren bei Studentenprotesten spielen sollten antwortete Qureshi: Professoren spielen eine wichtige Rolle bei Studentendemonstrationen gegen den anhaltenden Völkermord in Gaza. Einerseits können sie Studierenden fundierte Analysen zu Völkermord, Siedlerbesatzung und der Mitschuld von Hochschuleinrichtungen liefern um die aktuellen Bedingungen sowie die Richtung und den Prozess der Proteste zu verstehen. Andererseits spielen Fakultätsmitglieder eine wichtige Rolle indem sie ihre Positionen nutzen um Studierende vor Schäden durch ihre Institutionen zu schützen und das Recht der Studierenden auf Protest auf dem Campus zu verteidigen.
Antisemitismus: Vorwand um die Proteste zu stoppen
Dieser Universitätsprofessor sagte über den Prozess dieser Proteste und seine Aussichten: Israels Verbündete auf der Weltbühne darunter die USA und GB bemühen sich die Proteste einzuschränken und zu stoppen. In GB traf sich der Premierminister mit Uni-Vertretern um Möglichkeiten zu besprechen wie verhindert werden kann dass sich die Proteste auf andere Universitäten ausweiten. Zu den Diskussionen auf dem Treffen gehörten Disziplinarmaßnahmen, die Universitäten gegen Studenten ergreifen sollten denen Antisemitismus und Terrorismusverherrlichung (vage Kategorie) vorgeworfen werden. Die Regierung erklärte sich bereit 500.000 Pfund an jüdische Universitätsseelsorger zu spenden um Antisemitismus zu überwachen und Leitlinien für die Bekämpfung des Antisemitismus in der Hochschulbildung auszuarbeiten. Antisemitismus auf dem Campus wird im Rahmen der vielfach kritisierten Definition der International Holocaust Remembrance Coalition (IHRA) verstanden, die Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichsetzt.
Er fügte hinzu: Angesichts der aktuellen Studentenproteste verabschiedete das US-Repräsentantenhaus in Absprache mit der IHRA einen Gesetzentwurf zur Erweiterung der Definition von Antisemitismus. Ein Problem bei der Beschreibung der Proteste als antisemitisch ist, dass bei diesen Protesten eine große Zahl israelkritischer jüdischer Studenten und Professoren anwesend ist. Die Bedeutung der Demonstrationen auf dem Universitätsgelände liegt in der Tatsache, dass diese Proteste weit verbreitet sind und sich an Studenten verschiedenster Herkunft beteiligen, was die weitverbreitete Unterstützung für die Sache Palästina und Kritik an den israelischen Gräueltaten widerspiegelt. Daher ist es unklug den Demonstranten Antisemitismus vorzuwerfen, aber ein wichtiges Instrument um die Proteste unter dem Vorwand zu stoppen sie wollten Israel und seine Verbündeten auf der Weltbühne isolieren.
Demonstranten auf der richtigen Seite der Geschichte
Abschließend sagte Qureshi: Was die Studenten und Professoren betrifft, die gegen den anhaltenden Völkermord in Gaza protestieren setzen sie die lange Tradition der Studentenproteste fort einschließlich der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika, Bürgerrechtsbewegung und des Vietnamkriegs die Demonstranten gegen die US-Invasion im Irak, die von den damaligen Regierungen verurteilt wurden. Da wir jetzt gegen einen Völkermord im Jahr 2024 protestieren wird die Geschichte uns genauso beurteilen wie die Studentenproteste in den vergangenen Jahren. Sie stehen auf der richtigen Seite der Geschichte.
Interview: Mohammad Ali Haq Shenas
Übersetzung ins Persische: Mohsen Haddadi
Übertragung vom Persischen ins Deustche: Stephan Schäfer
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