Laut IQNA unter Berufung auf Islam Online war die Behauptung einer Verfälschung des Heiligen Korans schon immer eines der Lieblingsthemen von Orientalisten und westlichen Islam-Gelehrten.
Orientalisten führten mit unterschiedlichen Beweggründen Studien zum Koran durch und einige akzeptierten die Theorie der Koranverzerrung und behaupteten, dass der Koran nach dem Tod des Propheten (Friede sei mit ihm) verfälscht worden sei. Einige wie der Ungar Goldziher und der Engländer Buhl warfen den Schiiten vor an eine Verfälschung des Korans zu glauben. Eine andere Gruppe geht davon aus, dass die Qualität der Sammlung des Korans so ist, dass während des Prozesses der Sammlung des Korans Verse oder Wörter hinzugefügt oder daraus entfernt wurden.
Andererseits gaben einige andere Orientalisten zu, dass der Koran nicht verfälscht ist, wie etwa Rudi Paret, deutscher Orientalist, der in der Einleitung zu seiner deutschen Übersetzung des Korans schreibt: „Wir haben keinen Grund zu glauben, dass auch nur ein einziger Vers in diesem Koran nicht von Muhammad (Friede sei mit ihm) kam (und von anderen hinzugefügt wurde).
Maurice Bucaille stellte in seinem Buch „Koran, Bibel und Wissenschaft“ fest, dass der Hauptunterschied zwischen Islam und Christentum darin besteht, dass es im Christentum keinen festen Offenbarungstext gibt während der Islam einen solchen hat. Die christliche Offenbarung basiert nur auf zahlreichen und indirekten Zeugnissen, da es kein Zeugnis gibt, das von einem vertrauenswürdigen Zeugen zur Lebenszeit Jesu (Friede sei mit ihm) stammt. Daher kann man sich zwangsläufig kein positives Motiv für diese Anschuldigungen vorstellen oder sie als bloße wissenschaftliche Forschung betrachten.
In derselben Ausgabe hat Mustafa Ashour in einem Artikel auf Islam Online das Buch „Corrections in Early Qur'an Manuscripts“ von Daniel Allen Brubaker rezensiert und kritisiert. Dieser Artikel basiert auf dem Buch «Al-Tahreef fi al-Makhushat al-Qur'aniyah»m (deutsch: Änderungen in koranischen Manuskripten), in dem es um die Untersuchung von Brubakers Meinungen durch Amir Hossein Farasti geht. Im Folgenden lesen wir den Text des Artikels von Mustafa Ashour:
Bevor wir über das Buch „Verfälschung der Koranmanuskripte“ sprechen wissen wir, dass der Heilige Koran ein ewiges Wunder des Propheten Muhammad (sas) ist und dass Gott, der Allmächtige, seine Erhaltung garantierte. Es ist erwiesen, dass der Koran uns durch Manuskripte und Auswendiglernender von Brust zu Brust erreichte und der Heilige Prophet ihn einer großen Anzahl Menschen mitteilte deren Einverständnis über Lügen, Illusionen oder Irrtümer unmöglich ist. Der Koran hat 6348 Verse, die alle untereinander homogen sind und ein einziges Wort darstellen und im Koran herrscht völlige Harmonie zwischen Vokabeln und Bedeutungen was ein Wunder ist, das die Fähigkeiten des Menschen übersteigt.
Das Problem den Koran vor Verfälschung zu bewahren, beschäftigt die islamische Gemeinschaft seit dem Tod des Heiligen Propheten, weshalb der Koran zur Zeit des dritten Kalifen Uthman bin Affan in einem Exemplar gesammelt und in fernen und nahen Gebieten verteilt wurde.
Interesse der Orientalisten an Manuskripten des Korans
Orientalisten widmen dem Koran seit langem große Aufmerksamkeit um die Machtfaktoren in diesem Text zu kennen und zu wissen wie dieses Buch die Grundlagen der muslimischen Zivilisation legte. Zu diesen Orientalisten gehört der amerikanische Orientalist Daniel Brubaker, der sich für das Studium des Korans interessiert. Er schrieb ein Buch mit dem Titel „Unterschiede in frühen Manuskripten des Korans: Zwanzig Beispiele“. Er betreibt einen YouTube-Kanal mit dem Ziel zu beweisen, dass die alten Manuskripte des Korans Änderungen und Korrekturen unterzogen wurden und veröffentlicht dort seine Meinungen.
Das von Amir Hossein Farasti in der Reihe „Quran in Western Studies“ verfasste Buch „Distortion in Quran Manuscripts: A Critical Review of Daniel Brubaker's Opinions“ wurde 2022 vom Islamic Center for Strategic Studies auf 224 Seiten als Reaktion auf diese Meinungen veröffentlicht.
Fachleute auf dem Gebiet der Arabistik und Islamwissenschaft waren am Ankauf orientalischer Handschriften aus dem 19. Jahrhundert interessiert und legten besonderes Augenmerk auf die Erhaltung dieser Handschriften sowie auf deren Prüfung und Katalogisierung. Obwohl eine Reihe von Orientalisten nicht an den Koran glaubten erkannten sie an, dass er immun gegen Verfälschungen ist und vielleicht wies der amerikanische Orientalist und Historiker Charles Torrey darauf hin, dass es im Heiligen Koran keine Änderungen gab seit der Zeit des Propheten. Dies ist eine Meinung, der eine Reihe anderer Orientalisten zustimmen und sagen, dass der Koran das einzige Buch ist, das im Laufe der gesamten Zeit vollkommen intakt blieb.
Ein anderer Teil der Orientalisten glaubte jedoch, dass der Koran ein Text ist, der zur Zeit des Heiligen Propheten (Friede sei mit ihm) noch nicht fertiggestellt war und in den ersten Jahrhunderten des Islam noch fertiggestellt wurde. Durch das Studium der Koranmanuskripte versuchten sie ihre Hypothese zu beweisen und zu behaupten, dass es objektive Beweise für die Verfälschung des Korans gebe. Wie der deutsche Orientalist Jared Boin behauptet, gibt es in den in der Sana'a-Moschee im Jemen entdeckten Koranmanuskripten Verzerrungen im Vergleich zum unter Muslimen üblichen Korantext. Außerdem versuchte eine Gruppe von Orientalisten nachdem sie ein Exemplar erhielten, die ihrer Meinung nach von der aktuellen Version abweicht eine Veröffentlichung einer Kritik zum Koran vorzubereiten.
Jakob Georg Christian Adler, deutscher Orientalist des 18. Jahrhunderts, gilt als einer der ersten, der sich mit den Manuskripten des Korans befasste. Er wird auch als „Pionier der islamischen Numismatik“ bezeichnet. Es scheint, dass der Erfolg der Deutschen in der Tora- und Bibelwissenschaft mit der Entdeckung der ersten Manuskripte der Bibel sie dazu ermutigte ihre Methoden und Werkzeuge auf den Koran anzuwenden und zu versuchen an seine frühesten Manuskripte zu gelangen. Zu diesen Leuten gehören Gothelf Burgesser und Arthur Geoffrey. Geoffrey ist der erste, der eine kritische Version des Korans vorschlägt. Gemäß diesem Vorschlag wurde ein Programm vorgeschlagen um die meisten Bilder aus alten Manuskripten zu sammeln um die Unterschiede zwischen den Manuskripten zu erkennen. Aber der Weltkrieg stoppte dieses Projekt und noch einmal in der Mitte der 1960er Jahre nach der Entdeckung neuer Manuskripte des Korans im Jahr 1965 wurde dieses Projekt wieder aufgenommen und in den achtziger Jahren an Orientalisten übergeben, die ihre Studien an diesen Manuskripten durchführten.
Orientalisten waren sehr an Sana'a-Manuskripten interessiert, weshalb 1999 ein Projekt mit dem Titel „Quellen des Korantextes“ ins Leben gerufen wurde um die wichtigsten frühen Manuskripte des Korans sowie ein Buch mit dem Titel „Frühe Korantexte“ zu veröffentlichen: Das Zeitalter des Gesandten Gottes, der Rechtgeleiteten Kalifen und der Umayyaden.“ Es wurde unter der Aufsicht des italienischen Orientalisten „Sergio Nozda“ veröffentlicht. Doch sein Tod brachte das Projekt teilweise zum Erliegen. Anschließend wurde 2007 das Projekt Corpus Coranicum bzw. „Schätze des Korans“ unter der Leitung der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung der deutschen Orientalistin Angelika Neuwirth gestartet, die es bis 2025 finanziell unterstützen wird.
Brubakers methodische Fehler beim Studium koranischer Transkriptionen
In seinem Buch (Discrepancies in the Early Versions of the Qur'an) behauptet Brubaker, dass mehr als zwanzig Beispiele für Verzerrungen und Korrekturen in Manuskripten des Korans aus der Zeit zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert n. Chr. gefunden wurden. Anschließend verglich er diese Unterschiede mit der 1924 in Kairo veröffentlichten Fassung. Laut Brubaker zeigen diese Korrekturen, dass es zum Zeitpunkt der Erstellung der Manuskripte Meinungsverschiedenheiten über die korrekten Worte des Korans gab und diese später erneut überarbeitet wurden. Er behauptete, dass nach dem Tod des Propheten die Veränderungen in der Lektüre des Korans anhielten. Die Behauptung dieses Orientalisten bedeutet, dass der Koran nach dem Tod des Propheten noch nicht fertiggestellt wurde.
Diese Bemühungen von Brubaker zielen darauf ab die historische Wahrheit zu untergraben, die der Hauptfaktor bei der mündlichen Überlieferung des Korans war. Wie Brubaker feststellt bestand sein Ziel darin die Geschichte der Zusammenstellung der Manuskripte des Korans und die zwischen ihnen und der mündlichen Überlieferung bestehenden Beziehungen zusammenzustellen um die Version zu bestimmen auf deren Basis der Koran geschrieben wurde und herauszufinden was geschrieben wurde .
Viele Forscher wiesen auf die Schwäche von Brubakers Methodik und die Unwirksamkeit seiner Modelle hin um die Existenz von Verzerrungen im Heiligen Koran zu beweisen und weisen seine Behauptung zurück, dass es eine Änderung im Korantext gegeben habe, die im Laufe der Zeit Veränderungen ermöglichte. Sie betonen, dass seine Hypothese unbewiesen und nicht überzeugend ist. Darüber hinaus wusste er nichts über die Manuskripte und wusste nicht, wie man sie liest und verstand deren Kalligraphie nicht. Die Kalligraphie des Mushaf von Kairo aus dem Jahr 1924 war kein Standard für die Kalligraphie und den Druck des Korans in der Zukunft sondern im Gegenteil, es gab von Anfang an einen klaren Standard beim Schreiben des Korans. Außerdem sind sich die Forscher nicht einig über die Fehler und Verzerrungen der Schreiber beim Schreiben des Korans und die Veränderung seiner Bedeutung. Daher werden Brubakers theoretische Behauptungen, dass es Unterschiede beim Schreiben des Korans gebe zurückgewiesen.
Die Wahrheit ist, dass die Bemühungen der Orientalisten den Text des Korans in Frage zu stellen, sie auf das Alter der Häute führten auf denen der Koran geschrieben wurde, sowie auf das Herstellungsdatum der Tinten mit denen er geschrieben wurde und die Verwendung neuer Werkzeuge und Analysen zur Bestimmung des Alters der Seiten des Korans, beispielsweise mithilfe der von der Kohlenstoffdatierung durchgeführten Methode.
Brubakers falsche Voraussetzungen in der Bibliographie
Brubaker vernachlässigte auch die Stile der Koran-Kalligraphie und ihre Rolle bei der Schätzung des Alters von Manuskripten was eine einzigartige Methode zur Schätzung des Alters von Koran-Manuskripten darstellt. Das Buch „Distortions in Quranic Manuscripts“ bewertete die Methoden zur Datierung der Koranmanuskripte und kam zu dem Schluss, dass es keine Möglichkeit gibt das Alter des Manuskripts oder die Zeit seiner Niederschrift genau zu bestimmen außer durch das, was im Manuskript selbst steht. Das heißt, das tatsächliche Entstehungsdatum jeder anderen Version ist ein ungefähres Datum, das manchmal falsch ist und daher kann der Forscher das Alter dieser Versionen nicht genau einschätzen sondern betrachtet es nur als Beleg für Alter der Version und nicht ihr tatsächliches und genaues Alter. Außerdem kritisierte dieses Buch die Authentizität der Manuskripte, die Brubaker in seinem Buch verwendete.
Brubaker hält diese Exemplare für authentisch und verweist darauf, dass sie in zuverlässigen Bibliotheken aufbewahrt werden, ignoriert jedoch das Interesse der Muslime an Manuskripten des Korans, die im Gottesdienst und in der Bildung häufig verwendet wurden. Durch diese starke Beanspruchung kam es bei einigen dieser Exemplare zu Abnutzung und Beschädigungen. Dies bedeutet, dass Brubakers Glaube, dass es sich bei dem Exemplar des Korans, auf die er sich verlässt um eine frühe Version handelt eine sehr schwache Hypothese ohne historische Bedeutung ist und möglicherweise ein Manuskript ist, das aufgrund geringerer Nutzung von Schäden verschont blieb.
Aus historischer Sicht sind die frühen Korane daher größtenteils verloren gegangen oder beschädigt und unbrauchbar während die erhaltenen alten Korane am wenigsten genutzt wurden und möglicherweise einige der in den Manuskripten gefundenen Fehler auf ihre schlechte Erhaltung unter schlechten Bedingungen in den Jahrhunderten zurückzuführen sind und dies ist ein sehr wichtiger Punkt, dem Brubaker keine Beachtung schenkte, denn sein größtes Anliegen war es die Existenz von „Unterschieden“ im Koran zu belegen.
Aufgrund dieser falschen Hypothese ignorierte Brubaker viele Fakten und es ist ihm nicht gelungen eine kulturhistorische Lesart der Beziehung der Muslime zum Koran und der Geschichte seiner Niederschrift zu präsentieren. Er machte auch einen großen methodischen Fehler indem er die Methoden und Werkzeuge nutzte die Historiker zum Studium der Geschichte der Thora und der Bibel verwendeten. Außerdem hatte er keinen ausreichenden Einblick in die Regeln, die muslimische Gelehrte für die Abfassung des Korans aufgestellt hatten.
Übersetzt ins Persische von Mohsen Haddadi
Übertragen vom Persischen ins Deutsche von Stephan Schäfer
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