
IQNA: In einem Bericht über die Kandidatur eines schiitischen Muslim namens „Zohran Mamdani“ bei den New Yorker Bürgermeisterwahlen: In den USA stirbt der Kampf für Gerechtigkeit niemals. Er mag verdrängt, verblasst oder an den Rand gedrängt werden, aber taucht immer wieder in neuen Formen, neuen Gesichtern und neuen Stimmen auf. (Quelle: Middle East Eye)
Zwei Männer, Generationen trennen sie, doch sie stehen auf einem gemeinsamen moralischen Fundament: der eine Symbol der Bürgerrechtsbewegung, der andere aufstrebender Politiker in New York.
Sechs Jahrzehnte nach der Ermordung von Malcolm X verkörpert Zohran Mamdani, Kandidat für das Amt des Bürgermeisters von New York, weiterhin diesen tiefen und unerschütterlichen Glauben an Gleichheit, Gerechtigkeit und Freiheit.
Malcolm X war wie Mamdani Muslim, der seine Identität respektierte. Seine frühe Weltanschauung war geprägt von der Rassendiskriminierung und dem schwarzen Nationalismus der Nation of Islam, einer Bewegung, die zwar Vorstellungen von weißer Vorherrschaft veränderte, aber gleichzeitig die Welt in Schwarz und Weiß, Unterdrücker und Unterdrückte spaltete.
Für einen Mann, der nur die Brutalität der Jim-Crow-Gesetze und des Systems der Rassentrennung kannte, das im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert im Süden der USA durchgesetzt wurde, schien diese Realität ein unabänderliches Schicksal zu sein.
Anschließend reiste er nach Mekka und was er während der Hajj-Rituale erlebte, zerstörte diese Dichotomie: Sie mögen von meinen Worten überrascht sein, aber was ich auf dieser Reise sah und erlebte zwang mich, viele meiner bisherigen Denkmuster zu überdenken und einige meiner früheren Schlussfolgerungen aufzugeben.
In diesem heiligen Land sah Malcolm X, was die USA für unmöglich gehalten hatten: Menschen jeder Hautfarbe und Sprache – Blonde und Blauäugige Seite an Seite mit schwarzen Afrikanern – vereint durch Akte des Gottesdeinstes, Menschenwürde und ein gemeinsames Ziel.
Er beschrieb die Szene mit den Worten: Ich erlebte noch nie eine so aufrichtige Großzügigkeit und einen so echten Geist der Brüderlichkeit. Wir alle feierten eine Zeremonie und brachten einen Geist der Einheit und Brüderlichkeit zum Ausdruck. Aber aufgrund meiner Erfahrungen in den USA hätte ich mir nicht vorstellen können, dass dieser Geist zwischen Weißen und Nicht-Weißen existiert!
Die Pilgerreise veränderte nicht nur seine politische Einstellung, sondern sein ganzes Leben. Malcolm X kehrte als ein anderer Mann in die USA zurück, mit einer Vision die sich nicht auf Befreiung der Schwarzen beschränkte, sondern die Menschenwürde in einem umfassenderen Sinne umfasste. Er sagte: USA muss den Islam verstehen! Denn der Islam ist die einzige Religion, die das Problem des Rassismus in der US-Gesellschaft beseitigen kann!
Malcolm X sah Rassismus nicht länger nur als ein inneramerikanisches Unrecht, sondern als globales System; ein koloniales Netzwerk, das den Kampf der Afroamerikaner mit Kämpfen der Algerier, Ghanaer, Vietnamesen und Palästinenser verband.
In seinem Essay „Logik des Zionismus“ beschreibt er Rassismus als eine neue Form des Kolonialismus, ein Projekt, das Enteignung fremden Landes hinter humanitären Diskursen verschleiert. Darin schildert er eine Realität, die US-Führungskräfte bewusst ignorierten: Unterdrückung ist nicht lokal, sondern strukturell und global.
Sechs Jahrzehnte später steht ein junger Politiker in einer Moschee in New York und spricht in einer Weise, die Malcolm X nur allzu gut kannte. Er sagt: Ich werde mich nicht verändern. Ich werde meine Essgewohnheiten nicht ändern. Ich werde meine Religion, auf die ich stolz bin, nicht ändern. Aber eines werde ich ändern: Von nun an werde ich mich nicht länger im Verborgenen suchen!
Als Zohran Mamdani seine politische Karriere begann wurde er aufgefordert seine religiöse Identität zu verbergen, damit die US-Gesellschaft ihn nicht als muslimischen Fanatiker wahrnimmt. Dies sind Lektionen, die viele Muslime im Westen lernten: weniger fordern, weniger erwarten und für alles dankbar sein!
Doch ein Mann wie Malcolm X weigerte sich an den Rand gedrängt zu werden. Er sah seine religiöse Identität nicht als Last, sondern Quelle der Stärke.
Er sagte in einem kürzlich in den sozialen Medien veröffentlichten Video: Es ist der Traum jedes Muslims, wie jeder andere New Yorker behandelt zu werden! Zu lange wurde von uns verlangt, uns mit weniger zufrieden zu geben, alles hinzunehmen, was uns vorgesetzt wird, aber damit ist jetzt Schluss!

Zohran Mamdani, 34-jähriger demokratischer Sozialist, ist seit Langem als mutige, aber auch umstrittene Persönlichkeit bekannt. Seit seiner Studienzeit setzt er sich vehement für die Rechte Palästinas ein und unterstützte Kampagnen zum Boykott Israels – eine Haltung, die nach wie vor einen zentralen Bestandteil seiner politischen Überzeugung darstellt.
Mamdani verurteilte öffentlich die US-Mitschuld an israelischen Verbrechen und erklärte, dass er im Falle seiner Wahl zum Bürgermeister Benjamin Netanjahu verhaften würde, sollte dieser New York City betreten – eine symbolische Haltung, die seine Anhänger begeisterte und seine Gegner verärgerte.
Die Gegenreaktion auf diese Haltung war heftig. In der Endphase des Wahlkampfs zahlten große Konzerne und Immobilienfirmen sage und schreibe 22 Millionen Dollar – ein verzweifelter Versuch der wohlhabenden Stadtbevölkerung, eine Kampagne zu stoppen, die sie als existenzielle Bedrohung ihres Einflusses ansahen.
Was Mamdani verkörpert ist nicht einfach nur die Infragestellung des israelischen Images oder Störung der von der Demokratiebewegung gewohnten Schutzzone. Er steht für einen Wandel im Blick der neuen Generation auf Israel, das sie nicht mehr als belagerten Verbündeten, sondern als Schurkenstaat sieht und Palästina als unterdrückte Seite in einem brutalen Kampf. Seine Koalition ist trotz der Kampagne von Milliardären und Immobilienlobbyisten nicht geschrumpft, sondern gewachsen.
Malcolm X verkörperte eine politische Orientierung, die das US-Establishment nicht tolerieren konnte: eine Verbindung von Islam und einer radikalen, antikolonialen, globalistischen Vision. Er sagte: Kein kapitalistisches System kann ohne Rassismus existieren!
Das Attentat auf Malcolm X im Jahr 1965 war nicht einfach nur ein Angriff auf ihn persönlich, sondern Versuch eine Bewegung zu zerstören, die in ihrem Kern die Vorherrschaft der Weißen, Imperialismus und kapitalistische Hegemonie in Frage stellte.
Heute sieht sich Mamdani einer anderen Form der Verfolgung ausgesetzt: Rufmord. Eine rücksichtslose Kampagne wurde gestartet um ihn zu diskreditieren, ihn als Extremisten darzustellen, seine Solidarität mit Palästina gegen ihn auszuspielen und seine Überzeugungen als Waffe einzusetzen.
Die Machthaber, die Malcolm X fürchteten, fürchten nun die neue Version von ihm: einen Muslim, der stolz auf seine Religion ist, einen unerschrockenen Internationalisten, der an Gerechtigkeit glaubt und keine Angst davor hat sich dem Imperium entgegenzustellen.
Die Gefahren reichen weit über New York City hinaus. Die Stadt, in der die größte jüdische Gemeinde außerhalb Israels beheimatet ist, entwickelte sich auch zu einem Nährboden für Infragestellung vieler gängiger jüdischer Grundprinzipien in den USA.
Eine neue Umfrage ergab, dass 43 Prozent der jüdischen Wähler in New York für Mamdani stimmen würden, darunter 67 Prozent der 18- bis 44-Jährigen! Ein Wandel in der Einstellung einer ganzen Generation, der noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar gewesen wäre.
In den USA zeigen Umfragen eine tiefe Spaltung: Eine Mehrheit der US-Juden ist mittlerweile der Ansicht, dass Israel im Gazastreifen Kriegsverbrechen beging und viele von ihnen betrachten den Konflikt aus einer juristischen, nicht aus einer ethnischen oder rassischen Perspektive.
Die israelischen Medien verfolgen die Situation aufmerksam. Eine Analyse legt nahe, dass die Wahl – über mögliche Veränderungen des Stadtbildes hinaus – Aufschluss darüber geben könnte, ob die Unterstützung Israels in den USA eine Schwäche oder Vorteil ist und ob Mamdanis Wahl die Richtung vorgibt, die die demokratischen Politiker künftig in den US-israelischen Beziehungen einschlagen werden. Selbst Fehlen einer einheitlichen, öffentlichen Haltung jüdischer Führungspersönlichkeiten gegen Mamdani wird als bedeutender Bruch mit der bisherigen Tradition gewertet.
Als die Medien Mamdani wiederholt drängten seine Position zum Existenzrecht Israels als jüdischer Staat darzulegen, antwortete er unmissverständlich: Ich unterstütze kein Land das auf einer hierarchischen Staatsbürgerschaftskette basiert, die auf Religion oder anderen Kriterien beruht. Ich glaube, dass die in diesem Land garantierte Gleichheit in allen Ländern der Welt gelten sollte. Das ist meine Überzeugung!
Malcolm X war einer der ersten prominenten schwarzen Anführer, der sich mutig zu Palästina äußerte. 1964 besuchte er Gaza, traf sich mit Kommandeuren Palästinas und verfasste seinen berühmten Essay „Logik des Zionismus“. Er sah im Kampf Palästinas dasselbe wie zuvor in Alabama: Besatzung, Gewalt und die Vernichtung der Menschlichkeit. Er schrieb: Die gegenwärtige arabische Besetzung Palästinas weder eine historische noch rechtliche Grundlage!
Mamdani seinerseits äußerte sich unmissverständlich zu einer Position, die andere vermieden hatten, und sagte: „Gaza wird von Tag zu Tag zu einem Ort an dem es keinen Sinn mehr macht Trauer und Leid auszudrücken“ und verurteilte Israels Krieg und Völkermord an Palästina.
Während sich Politiker weigern zu diesem Thema Stellung zu beziehen und stattdessen ausweichen, steht Mamdani zu klaren moralischen Prinzipien und erinnert mit seiner Offenheit an den Mut von Malcolm X.
Für Malcolm X und Mamdani war Afrika nicht nur die angestammte Heimat, sondern Weltanschauung! Malcolm X' Vision einer afrikanischen Einheit bildete die Grundlage seiner Weltanschauung und seine Reisen nach Ghana, Ägypten und Nigeria vertieften sein Verständnis des Kolonialismus als Weltsystem.
Wer hätte gedacht, dass New York City am 100. Jahrestag von Malcolm X' Geburt und dem 60. Jahrestag seiner Ermordung kurz davor stehen würde seinen ersten muslimischen Bürgermeister zu wählen?
Malcolm X sagte einst: „Wenn du nicht bereit bist für die Freiheit zu sterben, dann streiche das Wort ‚Freiheit‘ aus deinem Wortschatz!“ Und Mamdani sagt: „Ich werde mich im Licht wiederfinden.“
Zwei Männer, zwei Epochen und eine Strömung, die sie verbindet: Puls der Freiheit!
Dies ist kein neues Leben, geboren aus der Bewegung der Vergangenheit. Dies ist die Bewegung selbst; weder vollendet noch gebrochen, sondern vorwärts gerichtet.
Übersetzt ins Persische von Fereshteh Seddiqi
Übertragen vom Persischen ins Deutsche von Stephan Schäfer
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