Obwohl viele Muslime den Einfluss ausländischer Faktoren auf die Existenz blutiger Konflikte zwischen muslimischen Nationen hervorhoben haben einige die Rolle dieses Faktors unterschätzt und die Existenz rechtswissenschaftlicher und intellektueller Unterschiede zwischen verschiedenen islamischen Religionen als Hauptgrund für die Existenz der weit verbreiteten beschrieben Konflikte unter Muslimen. Sheikh Ghazi Hanina, Vorsitzende des Kuratoriums der libanesischen muslimischen Gelehrten-Gemeinschaft wies jedoch in einem Interview mit IQNA darauf hin, dass der Unterschied zwischen Ijtihads (Anstrengung zur Bestimmung des religösen rechts aufgrund Koran, Überlieferungen und logischem Denken) und religiösen Überzeugungen angesichts der Art des religiösen Textes eine natürliche Sache sei. Die Nutzung dieser Unterschiede zur Anfachung des Konflikts stellt den Hauptfaktor dar. Er erkannte die Spaltung zwischen den muslimischen Nationen an und betonte, dass einige muslimische Herrscher und Gelehrte einen solchen Weg einschlugen freiwillig oder unfreiwillig den Feinden des Islam und den Muslimen dienten.
Im Folgenden finden Sie das ausführliche Interview von IQNA mit dem prominenten libaneschen Gelehrten und Denker Sheikh Ghazi Hanina am Rande der International Conference on Islamic Unity:
IQNA – Was ist die Ursache für Unterschiede zwischen religiösen Überzeugungen und Meinungen und führten diese Unterschiede zu Spannungen unter Muslimen?
Die Wahrheit ist, dass der Islam und der religiöse Text naturgemäß unterschiedliche Meinungen enthalten und dies als Gnade Gottes betrachtet werden sollte, dass der Islam, der Koran, die Tradition und prophetische Gabe nicht für eine einzelne Gruppe in dem Sinne offenbart wurde und dass sie nicht mit einem einzigen Gedanken offenbart wurden sondern in einer Form die viele Meinungen einschließt. Daher gab es seit Beginn des Islam Unterschiede im Verständnis des religiösen Textes und es gab sogar Unterschiede des Verständnisses der Botswchaft des Propheten (Friede und Segen sei mit ihm) zwischen den Muslimen.
Zum Beispiel betonte der Prophet bei dem Bani Qurayzah-Vorfall, als er sich an die Muslime wandte, die die Bani Qurayzah belagern wollten: „Niemand verrichtet das Nachmittags-Gebet außer in Anwesenheit der Bani Qurayzah.“ Allerdings als die Muslime auf dem Weg zur Belagerung waren kam die Zeit des Nachmittagsgebetes und einige verrichteten das Gebet gemäß ihrem eigenen Ijtihad und einige warteten damit bis sie das Gebiet der Bani Qurayza erreichten und während es bereits Sonnenuntergang und die Zeit für das Abendgebet und Zeit des Nachmittagsgebetes verstrichen war akzeptierte der Prophet den Ijtihad beider Gruppen und wenn dieser Unterschied damals hervorgehoben worden wäre und die Muslime wegen dieses Unterschieds Schwerter gegeneinander gezogen hätten, könnten sie Bani Qurayzah nicht für sich gewinnen.
Intellektuelle und rechtswissenschaftliche Vielfalt im Rahmen des Islam legitim
Daher kann gesagt werden, dass intellektuelle und juristische Vielfalt im Rahmen des Islam legitim ist aber was illegitim ist, ist dass diese intellektuelle und juristische Vielfalt zu blutigen Konflikten und Kriegen führt und heute müssen sich die Muslime für den Sieg der palästinensischen Nation vereinen und zusammen arbeiten und der unterdrückten Nation Palästina helfen. Wenn wir also sehen, dass sunnitische und schiitische Gelehrte rechtswissenschaftliche Unterschiede in den Dienst blutiger Konflikte zwischen Muslimen stellen wie etwa sunnitische Gelehrte, die ISIS unterstützten oder schiitische Gelehrte, die die Beispiele von ISIS unter Schiiten unterstützen kann definitiv gesagt werden, dass freiwillig oder unfreiwillig, wissentlich oder unwissentlich diese Leute im Dienst ausländischer Geheimdienste stehen und an der Spitze steht der amerikanische Geheimdienst.
Diese Leute dienen definitiv dem zionistischen Feind, weil jeder Unterschied zwischen Muslimen dem Feind dient. Aus dem Leben des Propheten zu Beginn des Islam kann auch verstanden werden, dass der Prophet (SAS) selbst angesichts von Heuchlern wie Abdullah bin Abi die Interessen der Muslime gegenüber den Ungläubigen respektierte und immer danach strebte, die Reihen der Muslime zu vereinen gegen die Ungläubigen.
Wir sind im Wesentlichen eine einzige Nation. Man kann sagen, dass einige historische Faktoren uns in die gegenwärtige Situation brachten. Viele dieser Faktoren standen den Muslimen selbst zur Verfügung. Als wichtigster Faktor sollte die Verwendung religiöser Texte durch Herrscher und politische Kräfte angesehen werden, um eine Spaltung unter den Muslimen herbeizuführen. Etwas das sich in besonderer Weise unter Mitgliedern verschiedener Religionen und Þberzeugungen ereignete. Zum Beispiel gibt es im Libanon eine Moschee mit zwei Altären, ein Altar gehört den Anhängern der Hanafi-Schule und der andere den Anhängern der Shafi'i-Schule und noch weiter in Damaskus gibt es eine Moschee mit vier Altäre, wo jeder von den Hanafi-, Shafi'i-, Hanbali- und Maliki-Schulen dort ihren eigenen speziellen Altar haben.
IQNA – Was ist Ihrer Meinung nach der Zweck der Annäherung zwischen den islamischen Religionen?
Es muss zugegeben werden, dass es seit Jahren Konflikte und Kriege zwischen verschiedenen Teilen der islamischen Gemeinschaft gibt und die Verwirklichung der Einheit kann diesen Konflikt beenden. Daher bedeutet das Wort Annäherung nicht das Verschmelzen einer Gruppe mit einer anderen, sondern es bedeutet das Verschmelzen von uns allen im Islam. Wir sagen am Anfang, dass wir Muslime sind also sollte gesagt werden, dass Hanafi, Shafi, Maliki, Jafari, Zaidi und Ismailiten in unserer Religion akzeptiert sind und ja! Wir sehen viele Ismailiten im Heiligen Haus umhergehen und deshalb bedeutet Nähe, dass jeder von uns den anderen so annimmt, wie er ist, ohne auf seine Besonderheiten zu achten und ohne dass einer die Heiligtümer der anderen Religionen entwürdigt.
Wir sind alle Muslime, weil der Gesandte Allahs (Friede sei mit ihm) sagte: „Wer auch immer unser Gebet betet und unsere Qibla (Gebetsrichtung) annimmt und unser religiös erlaubtes geschlachtetes Essen isst, derjenige ist von uns und wir sind von ihm.“ Der Gesandte Allahs (Friede sei mit ihm) betonte die Einheit der islamischen Gesellschaft und versuchte die Spaltung dieser vereinten Gesellschaft, der islamischen Gesellschaft zu beseitigen. Wie es in einer Überlieferung erwähnt wird, sagte der Prophet (Friede sei mit ihm) in der Abschieds-Pilgerfahrt: „Satan verzweifelte daran auf der arabischen Halbinsel angebetet zu werden, aber er war mit weniger als dies zufrieden nämlich zwischen den Muslimen Probleme zu bereiten.“ Und deshalb sehen wir, dass es mehr Konflikte zwischen religiösen Menschen gibt. Während es für andere obligatorisch ist, meine Religionsform zu respektieren und es auch für mich obligatorisch ist die Religionsform anderer zu respektieren, die ihre Hände zum Gebet zusammenlegen oder umgekehrt und die ihre Füße in der Waschung waschen und dies tun wische ich mir die Füße in der Waschung ab oder umgekehrt. Wir müssen einander akzeptieren und wenn wir einen Unterschied zwischen uns schüren wollen, können wir diesen Konflikt in Form von Jurisprudenz schüren.
Annäherung ist Wiederherstellung der Bindung zwischen Kindern der islamischen Gesellschaft
Zum Beispiel haben wir eine Grundregel, die alle Anhänger verschiedener Religionen akzeptieren und dass wenn das Gebet eines Muslims für ihn gültig ist es auch für andere gültig ist. Wenn Ihr Gebet gemäß ihrem Glauben richtig ist und ich hinter ihnen bete, dann ist dieses Gebet für mich gültig und richtig und wenn mein Gebet für mich richtig ist können sie hinter mir beten und ihr Gebet ist richtig und gültig und deshalb gab Imam Khomeini (möge Allah mit ihm zufrieden sein) eine Fatwa über die Verpflichtung hinter Imamen der Haramin Sharafin heraus und dies ist der größte Beweis für die Richtigkeit dessen was wir sagten: Wenn das Gebet eines Muslims für ihn selbst richtig ist, ist es auch richtig und gültig für andere. Wie er ist, was sein Glaube ist, was seine Gedanken sind, was seine Kultur ist ist mir nicht wichtig also besteht die Annäherung darin die Bindung zwischen Kindern der islamischen Gesellschaft wiederherzustellen, die Reihen der islamischen Gesellschaft zu sammeln und in den großen Angelegenheiten der islamischen Gesellschaft zusammenzuarbeiten. Die Frage Palästinas als Hauptachse unseres Lebens und die Rückeroberung Palästinas vom zionistischen Feind und sowie Rückkehr des palästinensischen Volkes in sein Land um seinen eigenen unabhängigen Staat zu gründen und den Zustand seiner Gesellschaft zu verbessern, werden im Mittelpunkt unserer Zusammenarbeit stehen.
IQNA – Wie beurteilen Sie die Rolle religiöser Institutionen in der islamischen Welt bei der Lösung bestehender Streitigkeiten?
Leider sind die meisten religiösen Institutionen in der islamischen Welt Regierungen untergeordnet und die meisten dieser Regierungen sind auch dem Plan der Westler untergeordnet die islamische Welt zu beherrschen. Die Abhängigkeit ist so groß dass diese Regierungen nichts tun ohne die westlichen und ausländischen Botschaften und die amerikanische Botschaft an der Spitze zu konsultieren während diese Regierungen nicht wollen, dass eine Koalition und ein Bündnis zwischen islamischen Ländern entsteht.
Dies geschieht während einige islamische Länder Allianzen eingehen um ihre Beziehungen zum zionistischen Regime zu normalisieren und sogar Synagogen und Tempel für sie in ihrem eigenen Land errichtet haben. Dinge, die wir in Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten erlebten und vielleicht werde ich sie eines Tages auch in Saudi-Arabien sehen. Gerade jetzt können wir in Saudi-Arabien sehen wie die Medien die Beziehungen normalisieren während sie vermeiden eine Einheit unter den Muslimen zu schaffen.
IQNA - Was ist Ihrer Meinung nach die Lösung für dieses Problem?
Meiner Meinung nach besteht die Lösung darin Konferenzen wie die Einheitskonferenz abzuhalten. In islamischen und arabischen Ländern gibt es Persönlichkeiten, die diesen Plan unterstützen und danach streben ihn zu verwirklichen und deshalb müssen wir auf diesem Weg hartnäckig bleiben und nach Einheit streben, obwohl nicht zu leugnen ist, dass die Feinde der islamischen Welt, angeführt vom großen Teufel Amerika keine Anstrengungen unternehmen um dies zu erreichen und werden dies niemals tun.
Interview: Saeed Adalatjo
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