IQNA

Hidschab wird allmählich zu einem Teil der europäischen Kultur

7:28 - February 09, 2023
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TEHERAN (IQNA) – Eine britische muslimische Schriftstellerin sagt, dass trotz der Einschränkungen, die Regierungen auf den Hidschab legen, der muslimische Brauch allmählich ein Teil der westlichen Kultur wird.

Die Propaganda, welche von einigen westlichen Medien in Kombination mit extremistischem Verhalten einiger Muslime in einer nicht-muslimischen Gesellschaft geführt wird, hat zu einem irgendwie dunkelen Image des Islams und der Muslime im Westen geführt.

Um etwas mehr über dieses Thema zu erfahren, hat IQNA mit Rebecca Masterton, einer britischen, islamischen Wissenschaftlerin, Schriftstellerin und Fernsehmoderatorin gesprochen.

In den letzten zwanzig Jahren war ein Ergebnis dessen, dass in den Medien oft Frauen mit Hidschab gezeigt wurden, dass sich die Leute an das Bild einer Frau mit Hidschab gewöhnt haben. Sie haben gesehen, dass Musliminnen auf verschiedenen Gebieten arbeiten. Auf diese Weise ist der Hidschab zu einem Teil der sozialen Bekleidung in der westlichen Kultur geworden.

Masterton war 1999 zum Islam konvertiert und ist seit 2003 Schiitin. Mit 18 Jahren war sie nach London gezogen und besuchte die Schule für orientalische und afrikanische Studien in London. Sie erhielt ihren BA in Japanisch, den MA in vergleichender ostasiatischen und afrikanischer Literatur sowie ihren Doktortitel in frankophoner und islamischer mystischer Literatur Westafrikas.

 

Hier ist der volle Text des Interviews:

IQNA: Welche Wirkung hat der Hidschab auf die Anwesenheit von Musliminnen in der nicht-muslimischen Gesellschaft, wenn man den Gesichtspunkt bedenkt, dass der Hidschab eine der Pflichten der islamischen Religion ist?

Masterton: Der Hidschab kann zu einem Brennpunkt für soziale und politische Probleme werden. Er macht Musliminnen in einer nicht-muslimischen Gesellschaft klar sichtbar. Das kann bedeuten, dass sie für einen Arbeitsplatz nicht ausgewählt werden. Dies kann eine Auswirkung auf die Chance auf einen Arbeitsplatz haben.

Oft sagen Musliminnen, dass sie anderen gegenüber nicht fremd sein wollen, aber der Hidschab kann diesen Effekt haben. Musliminnen können auch zum Ziel physikalischer Angriffe werden, die oft von Männern auf der Straße verübt werden, vor allem wenn Gruppen von Wahabiten Bomben auf Synagogen und Kirchen geworfen haben.

Das verursacht Hass auf den Islam, und Musliminnen werden zu natürlichen Zielen dieses Hasses. Der Hidschab steht auch gegen die weltliche Idee des Westens, dass er sich von der Religion entfernt hat und „fortschrittlich“ geworden sei. Der Hidschab wird als rückständig angesehen und da gibt es die Annahme, dass Musliminen gezwungen werden, ihn zu tragen aber natürlicherweise eigentlich ablegen möchten. Französische Politiker haben oft gesagt, dass der Hidschab ein Zeichen der Unterdrückung sei.

Was wir hinsichtlich dieses Problems finden ist, dass man oft gar nicht mit Musliminnen darüber spricht. Politiker sprechen über sie, aber ihre persönliche Stimme hört man in den Medien selten.

Gleichzeitig hat sich der säkularisierte Westen so daran gewöhnt, Frauen jetzt mit Hidschab zu sehen, dass sich jetzt langsam Nicht-Muslime daran gewöhnen und es als etwas Normales ansehen und sich weniger bedroht fühlen. In den letzten zwanzig Jahren war eines der unerwarteten Resultate dessen, das Muhadschabin so viel in den Medien gewesen sind, dass sich die Leute an die Musliminnen gewöhnt haben.

Sie haben Musliminnen in verschiedenen Bereichen arbeiten gesehen, und so ist der Hidschab zu einem Teil der sozialen Bekleidung des Westens geworden. Nicht-Muslime haben gelernt, mit Muhadschabin umzugehen und fühlen sich weniger unwohl.

Nicht-muslimische Männer fühlen oft, dass sie traditionelle Höflichkeit zeigen können, wie das Öffnen der Tür für eine Muslimin und dass sie dafür nicht angegrifffen werden, weil sie wissen, dass eine Muslimin keine aufgeweckte Feministin ist, die auf diese traditionelle Form der Höflichkeit verärgert ist.

IQNA: Einige glauben, dass islamische Bekleidung und Hidschab eine Einschränkung für die sozialen Aktivitäten von Musliminnen in nicht-islamischen Gesellschaften sind. Wie sehen Sie das?

Masterton: Es gibt noch immer Bereiche, in denen man es nicht mag, dass da eine Frau mit Hidschab arbeitet. Hinsichtlich Arbeitsplätze sind Musliminnen noch immer eingeschränkt, weil auf einem vergleichenden Arbeitsmarkt die meisten Firmen noch immer jemanden auswählen, mit dem sich aus kultureller Sicht einfach leichter arbeiten lässt. Zum Beispiel möchten sie eine Frau, die nach der Arbeit noch mitkommt, um einen zu trinken und auf nicht-halale Geschäftsessen geht. Sie möchten keinen Gebetsplatz bereitstellen oder bei Geschäftsessen darauf achten, dass halales Essen bestellt wird.

Auf der anderen Seite stellen sie diesen Frauen, wenn sie sie zu ihrem eigenen Nutzen brauchen können, gewisse Forderungen zur Verfügung. Heutzutage verfügt die Polizei über Uniformen, die einen Hidschab für Frauen hat, in Krankenhäusern wird es Frauen immer öfter erlaubt, lange Ärmel zu tragen, wohingegen sie früher kurze Ärmel tragen mussten. In den Krankenhäusern hat man verstanden, dass der Hidschab weder ein Gesundheits- noch ein Sicherheitsproblem darstellt, da andere Angestellte aus Sicherheitsgründen ihr Haar bedecken müssen.

Etwas Gutes an der Covid-19-Pandemie ist, dass sich jetzt die Gesellschaft daran gewöhnt hat, dass sich Leute das Gesicht bedecken! Wenn jetzt eine Muslimin einen Niqab tragen möchte, kann sie jetzt einfach eine schwarze Maske tragen, und keiner stört sich daran. Das unterscheidet sich sehr von dem Zorn und dem Hass, den die Leute gegenüber dem Niqab gewöhnlich hatten.

IQNA: Wie können Konzepte wie der Hidschab der jungen muslimischen Generation im Westen erklärt werden?

Masterton: Oft legen Frauen ihren Hidschab wegen der heftigen Antipropaganda in den Medien, die sie verletzlich und unangenehm fühlen lässt, ab und auch wegen der Probleme, die sie in muslimischen Gemeinden finden.

Vielleicht gibt es Musliminnen mit Hidschab, deren Verhalten den Lehren des Islams widersprechen. Es gibt Fälle von muslimischen Frauen, die in westliche Länder kommen und schwarze Magie ausüben oder sich an Scams beteiligen. Dies führt die junge Generation vom Islam weg.

Es muss verstanden werden, dass das Tragen des Hidschabs nicht von der Umgebung abhängig sein soll. Er ist vielmehr ein Teil der eigenen spirituellen Reise und persönlichen Würde.

IQNA: Welche Rolle spielen die Medien bei der Verbreitung des Hidschabs?

Masterton: Die Medien sollten sich auf die spirituellen und philosophischen Lehren des Islams konzentrieren. Seine raison d’être, seine gesamte Botschaft und Vision für die Gesellschaft- dann werden die Leute den Zweck des Hidschabs besser verstehen.

Wenn man sich immer auf den Hidschab –aber ohne spirituellen oder philosophischen Inhalt- konzentriert, dann wird er einfach zu einem Stück Tuch. Frauen sollten sich nicht schämen, ihn zu tragen. Der Islam sollte viel mehr als ein Licht und eine Gnade gesehen werden. Der Hidschab sollte auf eine Art verbreitet werden, welche die Intelligenz der Frau respektiert und Verständnis gegenüber den Problemen, die sie vielleicht beim Tragen haben, zeigt.

IQNA: Was sind die größten Herausforderungen in der heutigen Welt, um den Hidschab zu erhalten?

Masterton: Die Einschränkungen hinsichtlich sozialer und wirtschaftlicher Mobilität durch die Regierungen, die man Musliminnen auferlegt. Sie sind so gemacht, dass man denkt, dass der einzige Weg, um vorwärtszukommen ist, dass man den Hidschab aufgibt.

IQNA: Wie werden verschleierte Frauen in London behandelt, und wie werden Sie (entweder positiv oder negativ) als eine verschleierte Frau behandelt? Hatten Sie schon einmal aufgrund des Hidschabs Diskriminierung erlebt?

Masterton: Die Behandlung verschleierter Frauen ist von Stadtteil zu Stadtteil verschieden. In einer vornehmlich nicht-muslimischen Gegend wird man vielleicht angestarrt werden. Die Leute denken, dass ich kein Englisch sprechen würde, was komisch ist, wenn man bedenkt, dass meine Muttersprache Englisch ist und ich sowohl englische Literaturwissenschaft unterrichte als auch akademische Artikel und Bücher veröffentlicht habe.

Wie dem auch sei, die Londoner lernen immer mehr über Hidschab-tragende Frauen. Als hier ein Vorfall gewesen war, dass ein seelisch instabiler Salafist hier einen Soldaten getötet hatte, war ich mit dem Ausgehen vorsichtig geworden, da es nach dem 11. September auf den Straßen viele Spannungen gegeben hatte. Viele Musliminnen hatten damals sogar London verlassen.

Wie auch immer, nach dem letzten Vorfall hatten mich die Londoner, wenn ich ausging, wie immer behandelt. Sie können jetzt zwischen verschiedenen Arten von Muslimen unterscheiden und bringen nicht immer die individuellen Taten instabiler Leute mit dem Islam als Ganzes in Verbindung.

Einmal war ein Filmmacher zu mir gekommen, Paul Schoolman, der einen Film gegen Israel drehen wollte. Er wollte eine Muslimin in seinem Film haben und wollte, dass ich daran teilnähme, aber als er realisierte, dass ich ihm nicht erlauben wollte, mich in unseriöse Szenen zu stecken, hörte er plötzlich auf, mit mir zu sprechen und schloss mich von dem Projekt aus. Ich hatte diese Behandlung wirklich widerlich gefunden und es erinnerte mich daran, wie die Frauen im Westen von den verschiedenen industriellen Richtungen ausgebeutet werden können.

 

Das Interview hatte Mohammad Hassan Goodarzi geführt.

 

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